Theater Ein Kind stößt das Böse in „Dogville“ an

Avina und Nikolas übernehmen Statistenrollen in Lars von Triers Stück — die Gewaltszenen bekommen sie aber nicht mit.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Avina und Nikolas sind beide zehn Jahre alt. Er geht in Krefeld in die fünfte Klasse, sie in Mönchengladbach in die vierte Klasse. Die beiden haben sich über das Theaterstück „Dogville“ kennengelernt. Darin spielen sie ein Geschwisterpaar. „Wir glauben, dass Matthias Gehrt sie ausgewählt hat, weil sie sich so ähnlich sehen“, sagt Astrid Janelt, die Mutter von Nikolas.

Nikolas hat in der Zeitung gelesen, dass das Theater Kinder-Statisten sucht und wollte mitmachen. „Ich habe gedacht, die Kinder würden einmal über die Bühne laufen und das war es“, erklärt Astrid Janelt. Die Aufgabe, die ihrem Sohn dann zugeteilt wurde, war doch anspruchsvoller als gedacht. Anderthalb Stunden steht er auf der Bühne und hat auch Text. Dadurch wurden auch die Proben sehr zeitaufwendig. „Die Szenen werden immer wieder wiederholt, da sitzt man dann schon mal drei bis vier Stunden“, sagt Janelt.

In dem Stück von Lars von Trier geht es um Grace (Nele Jung), die sich in dem Städtchen Dogville vor Gangstern verstecken will. Die Bewohner nehmen sie auf und fangen langsam an, sie auszunutzen, bis das Ganze in Vergewaltigung und Missbrauch mündet.

Avina als Dahlia hat keinen Text im Stück, Nikolas als ihr Bruder Jason, ist derjenige, der das Böse einleitet. Während die anderen Bewohner noch Hilfsbereitschaft vorschieben, benutzt er Graces ausweglose Situation und ist der Erste in der Stadt, der sie erpresst. „Entweder, du schlägst mich, oder ich erzähle meiner Mutter, dass du mich geschlagen hast.“

Im zweiten Teil des Stücks geht es sehr gewalttätig auf der Bühne zu. Da sind die Kinder im Stück aber laut ihrer Mutter Vera (Esther Keil) „bei den Großeltern“. „Im Theater wurde streng darauf geachtet, dass die Kinder nicht mitbekommen, was im zweiten Teil des Stücks passiert. Ich habe Nikolas natürlich alles erklärt, aber gesehen hat er nie etwas davon“, sagt Janelt.

Für „Dogville“ wurden sieben Kinder gecastet. Sie stehen nun immer abwechselnd auf der Bühne. Gemeinsam wird das Premieren-Geschwisterpaar wohl am 17. Mai nochmal in Krefeld zu sehen sein. Dann kommt das Stück erst im Februar 2016 in Mönchengladbach auf die Bühne. Da gibt es ein großes Wiedersehen der Kinder mit den Schauspielern. „Die waren wirklich alle sehr lieb zu den Kindern, zur Premiere gab es auch Geschenke“, sagt Astrid Janelt.

Avina kam über die Theaterspatzen zu der Aufführung. Sie tritt auch in der Oper „Der Rosenkavalier“ auf, der momentan in Mönchengladbach läuft. Beide Kinder könnten sich auch vorstellen, Schauspieler zu werden. „Im Theater bekommt man Applaus, im Fernsehen nicht“, erklärt Nikolas. Ihn hat vor allem der Hund im Stück fasziniert, er ist nie zu sehen, nur zu hören: „Ich finde es komisch, dass das Stück Dogville heißt. Vielleicht ist er der einzige Überlebende? Aber ich fand es lustig, dass Herr Grosse das Bellen gemacht hat.“