Im Gegenteil: Viele Unternehmer freuen sich, wenn sich nur jemand mit der notwendigen Lernbereitschaft findet. Doch selbst dann funktioniert das nicht so einfach, wie zwei Wuppertaler Unternehmer unserer Zeitung schildern.
„Unser Azubi ist Georgier und hat einen Bachelor of Engineering in Elektrotechnik in seinem Heimatland erworben. Bevor er zu uns kam, war er bereits fünf Jahre in der Bundesrepublik“, berichtet Tanja Zimmermann, die einen Fachbetrieb für Heizung und Sanitärinstallationen in Heckinghausen leitet. Bevor der Mann bei ihr vorstellig wurde, übte er mehrere qualifikationsfreie Aushilfsjobs aus. „Seine Kollegen dort waren in ähnlichen Situationen, sodass sich daraus auch kein Spracherwerb ergeben konnte. Erst seit ihn ein sozialer Träger an uns vermittelt hat und wir uns vehement für Kurse einsetzen, erhält er diese“, sagt die Heckinghauserin.
Der Mann aus Georgien freute sich riesig, dass er mit Mitte 30 eine Ausbildung beginnen konnte. Er wurde erst in einem Ausbildungsprogramm der Arbeitsagentur aufgenommen, dann aber war das Jobcenter zuständig. „Der Deutschkurs dort war bedeutend schlechter“, so Zimmermann. Weil man dort keine fachsprachlichen Sätze und Begriffe mit ihm üben konnte, was vorher wohl möglich war. „Seine schulischen Leistungen sackten ab“, schildert die Unternehmerin. Was sie auch beklagt: Teilweise musste der Mann zu Terminen im Integrationszentrum erscheinen, die mitten in den Arbeitszeiten lagen.
Zimmermann hatte schon länger nach Auszubildenden gesucht. Die Leute, die ihr bis dato von der Behörde vorgeschlagen worden waren, hatten keinerlei Vorkenntnisse oder kamen aus ganz anderen Bereichen. Warum man ihren Azubi nicht längst sprachlich fit gemacht, in fachrelevante Berufe vermittelt oder in ein Studium gebracht hat, versteht Zimmermann nicht. „Der könnte doch längst fertig sein.“ Nun wird er Ende des Jahres seine Abschlussprüfung machen.
Christoph Kellner betreibt mit seiner Frau Anje Kellner eine Steuerberaterkanzlei in Katernberg. Auf ein Inserat vor zwei Jahren meldete sich jemand, der vor einiger Zeit als syrischer Flüchtling nach Deutschland gekommen war und mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. In seinem Heimatland hatte er BWL studiert. „Es klang gut, was er sagte. Sprachlich war das schon ganz okay. Die Frage war: Wie kriegen wir den jetzt qualifiziert?“, erzählt Christoph Kellner.
„Die Vorkenntnisse
wurden ignoriert“
Über die Steuerberaterkammer erfuhren die Kellners von einer Ausbildungsakademie in Essen. „So etwas wie in ihrem Fall machen wir regelmäßig“, hieß es dort. Der Bewerber sollte sich vorab aber noch bei der Wuppertaler Arbeitsagentur vorstellen, sollte einen psychologischen Eignungstest und einen Sprachtest machen. Dann habe es geheißen: „Diese Maßnahme können wir nicht fördern.“ Angeblich sei der Mann sprachlich nicht für die Ausbildung geeignet. Ein Job in einer Bäckerei oder im Metallgewerbe sei wohl besser, zitiert Kellner die Behörde. „Dass er Vorkenntnisse hatte, wurde ignoriert“, so Kellner.
Ob denn nicht eine Weiterbildungsmaßnahme möglich sei, fragten die Kellners. Das sei verneint worden. Man könne per E-Mail Einspruch einlegen. „Aber daraus ist dann nichts geworden“, erinnert sich Kellner. Der Bewerber, im Alter Anfang 40, sei richtig zerknirscht gewesen. Er sah jede Hoffnung auf eine Ausbildung zunichte gemacht, fühlte sich alleine gelassen. Mit seinem gering bezahlten Job und einem Kind, das er zu versorgen hat, konnte er auch nicht warten oder die Sprachkurse auf eigene Kosten besuchen. „Ihm wurde aber auch kein Weg aufgezeigt, wie es doch noch gehen könnte. Er wurde nicht ernst genommen.“ Er arbeite nun wohl wieder in der Gastronomie, so Kellner.
Carmen Bartl-Zorn von der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK) schüttelt bei solchen Berichten den Kopf: „Wenn der Unternehmer doch sagt, der Mensch, der mir gegenübersaß, passt in meinen Betrieb, hat ausreichende Sprachkenntnisse, den Rest fördere ich mit internem Sprachtraining, dann sollte man auf den Unternehmer hören.“ Sie habe kürzlich noch an einem Treffen mit der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter und der Ausländerbehörde teilgenommen. Sie weiß, dass es zumeist bürokratische Hürden sind, die zu der Frustration führen. „Es geht hier nicht darum, die Mitarbeiter der zuständigen Behörden zu kritisieren. Es geht vielmehr darum, zu überprüfen, ob die Regeln, wenn sie einer Arbeitsvermittlung im Wege stehen, so tatsächlich sinnvoll und zielführend sind.“