Foto-Panorama von Uerdingen: Rückkehr zu den Wurzeln
Der Krefelder Marcus Mitter stellt seine großformatigen Werke aus. Für ihn schließt sich damit ein Kreis.
Krefeld. Manchmal vergehen Jahrzehnte, bis ein Kreis sich schließt. Es war Anfang der Achtziger, als Marcus Mitter mit der Leica seines Vaters über das Uerdinger Bayer-Gelände streunte. Er war 14 Jahre alt, und die Industriebauten mit ihren bizarren Formen und langen Schatten faszinierten ihn. Zwischen Rohren, Türmen und Schornsteinen brachte er sich selbst das Fotografieren bei.
Im Jahr 2013 kehrt Mitter zurück. Am kommenden Freitag, 16. August, eröffnet er die Fotoausstellung „Rheinsicht 3 D“ in der ehemaligen Weinbrennerei Dujardin. Er zeigt dort vier Gigapixel-Panoramen, hochauflösende 360-Grad-Bilder aus Düsseldorf, Köln, Bonn und eben Uerdingen, aufgenommen aus bis zu 150 Metern Höhe. Die Abzüge sind so groß, dass man an ihnen entlang laufen kann. Schritt für Schritt lässt sich die Struktur der Städte erkunden.
Neben Mitters Motiven hat sich mit den Jahrzehnten vor allem die Technik drastisch verändert. Seine morbiden Schwarz-Weiß-Bilder aus dem Chemiewerk hat er damals in der Dunkelkammer des Gymnasiums Fabritianum entwickelt, auf großformatigem Fotopapier, das er dort gefunden hatte. „Als wir die Foto-AG gegründet haben, mussten wir uns erst mal den Schlüssel vom Kunstlehrer besorgen“, erinnert er sich. „Er hatte die Dunkelkammer bis dahin nur als Abstellraum genutzt.“
Heute fotografiert der gebürtige Uerdinger natürlich digital. Seine Kamera, einst am Band um den Hals oder über die Schulter gelegt, sitzt auf einem 16 Meter hohen Spezialstativ. Vom Boden aus verfolgt Mitter jede Bewegung auf einem Computerbildschirm mit (siehe Text rechts).
Diese Technik ist zugleich die Grundlage seiner Geschäftsidee. 360-up heißt die Firma, die er gemeinsam mit der Web-Designerin Petra Gremmelspacher in Bonn gegründet hat. Die beiden erstellen 3D-Fototouren für Unternehmen, Kommunen, Hotels oder Museen. Die Gigapixel-Panoramen sind eine Art Hobby — und sie sollen im Internet beweisen, was die Firma alles kann.
Dass Mitter sich mit dieser Idee vor einigen Jahren selbständig gemacht hat, wirkt im Rückblick fast zufällig. Denn er hatte trotz der Leica und der Schul-Dunkelkammer einen anderen Weg eingeschlagen.
Nach dem Abitur wanderte er aus und lebte fast ein Jahrzehnt im südfranzösischen Bordeaux. Eine Mischung aus Wirtschaftswissenschaften, internationalem Recht, Handel und Sprachen habe er dort studiert, sagt er. Auch im Berufsleben blieb Mitter ein Wandervogel, arbeitete für mehrere Maschinenbau-Unternehmen, meist im Ausland. „Mit 40 habe ich mich hingesetzt und meine Situation analysiert“, sagt er. „Was kannst du, was bist du?“, seien die Fragen gewesen. „Herausgekommen ist 360-up.“
Trotz seiner Wanderjahre ist der Kontakt zu Krefeld nie abgerissen. „Ich habe hier Freunde, mit denen ich oft ein Jahr lang nicht telefoniere“, sagt Mitter. „Und danach ist es, als wäre ich nie weg gewesen.“ Einige werden wohl zur Ausstellungeröffnung kommen — und sich vielleicht wundern, was nach Jahrzehnten aus Experimenten mit einer Leica entstanden ist.
Eine Panorama-Seite mit mehr Bildern und mehr über das technisch-aufwändige Verfahren finden Sie in der Samstagsausgabe der WZ Krefeld.