Lesung Gaby Köster: Alles von der Seele schreiben

Die einst gefeierte Ulknudel kämpft nach einem Schlaganfall um ihre Rückkehr ins Leben und auf die Bühne. In der Kufa liest sie aus ihrem autobiographischen Roman.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Auf die Bühne im kleinen Saal der Kulturfabrik kommt Gaby Köster nur mit fremder Hilfe. Nach einem Schlaganfall vor siebeneinhalb Jahren sind das linke Bein und der Arm noch immer gelähmt. Aber die 53-Jährige hinterlässt einen frischen Eindruck: optisch stets auffällig im farbenfrohen Shirt, in zerrissenen Jeans und mit Sturmfrisur sowie schlagfertig und frech wie eh und je. Noch immer trägt sie ihr Herz auf der Zunge, denkt wenig darüber nach, ob das, was sie sagt, politisch korrekt ist. Knapp 100 Fans begrüßen sie stehend mit einem warmherzigen Applaus, der ihr sichtlich guttut.

Kösters Karriere ging als Stammgast von Rudi Carrells preisgekrönter TV-Satireshow „7 Tage — 7 Köpfe“ ab wie eine Rakete. Später begeisterte sie in der Fernsehkomödie „Ritas Welt“. Ihr Schlaganfall stoppte ihre Karriere jäh.

Heute hat Gaby Köster ihr Schicksal angenommen. Aufgeben gilt nicht. Ein Bekannter habe in einem ähnlichen Fall erst nach zehn Jahren seine Funktionsfähigkeit wieder erlangt, sagt sie. Das mache ihr Hoffnung.

Zwei Mal pro Woche trainiert Köster mit einem Physiotherapeuten. Wenn es denn eines Tages passiere, dann bestimmt im falschen Augenblick, sagt sie. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie und schwarzem Humor begegnet sie ihrem Schicksal.

Gaby Köster ist offen, ehrlich und gerade heraus. Regelmäßig tritt sie in Talkshows auf und berichtet bereitwillig über sich und ihr Leben. In einer solchen Show sagte sie noch letzte Woche: „Es ist gut, wenn man sich alles von der Seele schreibt.“

Genau das hat sie auch in ihrem zweiten Buch „Die Chefin“ getan, das sie am Sonntagabend in der Kufa vorstellte. Gewissermaßen als Selbsttherapie. Die Protagonistin Marie Sander, linksseitig gelähmt, ist Köster selbst. „Seit meinem Schlaganfall verheddern sich meine Gedanken wie ein Wollknäuel“, lässt Marie wissen. Im Rollstuhl sitzend erlebt sie ihre Welt und gerät mit Nachbarn, die sie abends beobachtet, in eine wilde Verfolgungsjagd. Hintergrund des Romans mit Roadmovie-Charakter sind rumänische Kinder, die Marie vom Fenster aus in der gegenüberliegenden Wohnung eines Malers beim Stehlen beobachtet hat.

„Bei uns in Köln wird so viel geklaut, dass das ein Thema für mich war“, sagt Köster und beklagt Vorurteile gegen Rumänen und den Umgang der Politik mit Flüchtlingen. „Kein Kind geht freiwillig klauen“, sagt sie. „Und weil ich frech bin und die Klappe nicht halten kann, kommt es zu solchen Büchern.“

Kösters tiefe sonore Stimme ist ihr Markenzeichen, auch wenn sie beim Lesen besser akzentuieren müsste. Die Hoffnung, noch einmal als Komödiantin auf die Bühne zurückzukehren, hat sie noch nicht aufgegeben. Ideen für Fernsehshows habe sie viele, aber die Sender gäben lieber viel Geld für Casting-Shows aus. Sprach’s und beendete die Fragerunde nach der Lesung für die Zuhörer, die ihr herzlich applaudieren.