Glaskunst in Krefeld: Gemälde aus Glas und Blei
In Krefeld hat die Glaskunst eine lange Tradition. Als Pionier gilt Thorn Prikker.
Krefeld. In tiefem Rot leuchten die Rosen, eingebettet in verwobene Ornamente aus Blau und Weiß. Es sind die Rosenkranz-Geheimnisse, die in der dunklen Querhauskapelle der Krefelder Liebfrauenkirche eine mystische Atmosphäre verbreiten. Die beiden Glasfenster hat Johan Thorn Prikker (1868-1932) im Jahr 1916 entworfen. Eingebaut wurden sie erst 1921, erneuert 1945.
Zum Zeitpunkt der Entstehung hat der berühmte niederländische Künstler Krefeld schon wieder verlassen. 1904 kommt er auf Vermittlung von Museumsdirektor Friedrich Deneken als Lehrer an die neu gegründete Kunstgewerbeschule. Obwohl er dort nur sechs Jahre lehrt, hinterlässt er bei seinen Schülern nachhaltigen Eindruck. Zu ihnen zählt auch Heinrich Campendonk.
In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entwickelt sich die expressionistische Glasmalerei. Sie erlebt besonders im Rheinland einen Aufschwung. Glas wird zur Metapher des Geistigen und inspiriert viele Künstler, die nebenbei alte Techniken wiederentdecken.
Thorn Prikker erweist sich auf diesem Gebiet als Pionier. Seine zunächst noch am Judenstil und Symbolismus orientierte Formensprache ist in der Liebfrauenkirche deutlich erkennbar. Zugleich zeigt sich hier eindrucksvoll, worauf es ihm in der Glasmalerei ankommt.
Nicht das Malen auf Glas sondern das Malen mit Glas und Blei ist sein Grundsatz. Von den hier noch naturalistischen Formen wendet sich der Niederländer später zugunsten einer zeichenhaft einfachen, geometrischen Formensprache ab, beeinflusst vom Bauhaus.
Von Krefeld geht er über Hagen, München, und Düsseldorf 1926 nach Köln an die Werkkunstschule, wo er bis zu seinem Tod sechs Jahre später lehrt. In der Kölner Zeit entstehen die Entwürfe für die Krefelder Synagoge.
Die drei Fenster zeigen eine streng geometrische, abstrakte Formensprache, in der zentrale Elemente wie der sechszackige Stern oder die Heilige Lade besonders hervorgehoben werden. Der Farbenvielfalt der unteren Fensterhälften setzt Thorn Prikker in den oberen Hälften eine radikale Farbreduzierung entgegen, die lineare Strukturen, etwa des Davidsterns, umso mehr betont.
1938 wurden die Fenster zerstört. Dank der erhaltenen Originalentwürfe, die sich mit einem Großteil des Nachlasses im Besitz des Kaiser-Wilhelm-Museums befinden, nachgebaut werden. Sie bilden jetzt das Herzstück in der hellen Sandsteinfassade des neuen Jüdischen Gemeindezentrums an der Wiedstraße.
Nur zehn Jahre liegen zwischen den Fenstern für die Liebfrauenkirche und für die Synagoge. Aber sie zeigen die unglaubliche Entwicklung der Glaskunst von der Tradition zur Moderne, an der vor allem Thorn Prikker maßgeblich beteiligt war.