Hagen Rether: Seine Waffen sind die Worte
Auf seine ruhige und unaufgeregte Art führt Hagen Rether Politiker mit ihren eigenen Sätzen vor.
Krefeld. Er braucht keine großen Gesten, sondern kommt eher leise daher. Auch buhlt er nicht um den Beifall seines Publikums. Sein Stilmittel ist allein seine ruhige, wohltuend unaufgeregte und uneitle Art. Seine Waffen sind seine Worte, punktgenau gesetzt, ins Mark treffend. Hagen Rether zählt unzweifelhaft zu den großen seiner Zunft: ernsthaftes Kabarett, kein Comedy-Quatsch.
"Wir werfen unseren türkischen Mitbürgern gerne vor, sie sprechen nicht genug Deutsch, aber können wir selbst auch nur ein Wort Türkisch?", stimmt er nachdenklich. Am Oberhaupt der katholischen Kirche lässt Rether kein gutes Haar: Der Papst kommt jedes Jahr mit einer neuen Enzyklika raus und drischt auf andere ein, mal auf die Araber, mal auf die Juden. Und dann fährt er im gepanzerten Papamobil durch die Gegend und predigt Gottvertrauen. Unter den Religionen vermisst Rether ein Miteinander. Mein Gott Dein Gott, klagt er und empfiehlt: Demut vor der Schöpfung und Nächstenliebe, fertig ist die Religion.
Als klassischer Kabarettist ist er in der Politik zuhause, entlarvt all die Demagogen und Populisten. Merkel, die ist toll, die beste Kanzlerin, die wir je hatten! Bei ihr rollen die Köpfe ganz leise, fragen Sie mal den Merz. Öttinger, der wie Rüttgers und Koch mit rechten Sprüchen ein ums andere Mal ins Fettnäpfchen trete, befinde sich deshalb bereits in Brüssel. "Kann der Öttinger eigentlich Fallschirmspringen, zum Beispiel im Tandem mit Eva Herrmann?", fragt er in Anspielung an die Affäre Möllemann. Die ganze Regierung sei ein Gruselkabinett. Aber: Das ist doch Demokratie, wenn man sich aussuchen kann, von wem man verarscht wird.
Was habe man dem armen Oskar Lafontaine schon alles nachgesagt. Dabei habe er meist recht behalten. Nur helfe es nichts, wenn der falsche Mann das Richtige sage. Und heute werfe man ihm vor, seine Partei verlassen zu haben, während Schröder und Müntefering sie ruiniert hätten. Apropos Müntefering: Dieser reihe sich ein in die Liste von Kohl, Fischer und anderen, die sich mit Frauen im Alter ihrer Enkel schmücken. Da lobe er sich Woody Allen, der gleich seine Tochter geheiratet habe.
Bei allem Sarkasmus und Zynismus verliert er nicht seine Zuversicht. Im Kampf gegen Ungerechtigkeit und Verdummung lässt er sich dreieinhalb Stunden Zeit für sich und sein Publikum. Und das dankt ihm mit Standing Ovations.