Kultur Halmers Reise durch die Vergangenheit

Der Schauspieler liest zum Auftakt des Literarischen Sommers vor ausverkauftem Haus aus seinem Buch „Fliegen kann jeder“.

Kultur: Halmers Reise durch die Vergangenheit
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Zum Auftakt des Literarischen Sommers kam der Schauspieler Günther Maria Halmer mit seinem Buch „Fliegen kann jeder“ nach Krefeld. Passend zum Titel traf man sich im flugs ausverkauften Restaurant am Flugplatz Egelsberg. Halmer saß auf rotem Stuhl am roten Tisch — das Mobiliar der sommerlichen Lesereihe. Maren Jungclaus vom Düsseldorfer Literaturhaus sprach kurz über den Autor, den ja vermutlich alle Anwesenden als Schauspieler kennen. „In meinem Buch schildere ich ehrlich und uneitel, wie ich mich gefunden habe; wie schwierig es für mich war, einen Weg zu finden“, sagte Halmer.

So beginnen seine Erinnerungen mit dem Vorsprechen an der Falckenberg-Schule in München. Da war Halmer 24 Jahre alt und genauso verunsichert und unglücklich wie all die Jahre zuvor. Seine Kindheit und Jugend waren geprägt vom kleinstädtischen Katholizismus im bayerischen Rosenheim und den großen Erwartungen des Vaters. „Meine Kinder sollen es besser haben.“

Halmer: „Das ist ja immer der Wunsch aller.“ Problem im Hause: Der Junge und auch der junge Mann hatte keine Idee, welchen Beruf er ergreifen sollte. Um von seinen Unsicherheiten abzulenken, hatte er immer den Klassenclown gegeben, was naturgemäß in der Wirtschaftswunderzeit überhaupt nicht gut ankam. Genauso wenig sein Talent, Menschen zu beobachten und sie nachzuahmen. Das kommt ihm dann auf der Schauspielschule, die ihn zur großen Überraschung angenommen hatte, und dem folgenden Berufsweg zugute, aber der Weg dorthin ist steinig.

Für sein Buch hat Halmer sich mit seinem Leben beschäftigt: „Es ist nicht lustig, wenn man als über 70-Jähriger in der Kindheit herumkramt und in der Pubertät“, sagt Halmer. Und er war überrascht: „Es fällt einem unheimlich viel wieder ein.“ Präsent ist immer die Erinnerung an eine Tante, die ihm die Welt der Dramatik erschlossen hat. Und noch um vieles mehr gegenwärtig sind die Hunderte von Filmen, die sich der Jugendliche in einem der zahlreichen Kinos in Rosenheim angeschaut hat. An manchen Tagen waren es zwei. Kein Wunder, dass die Sicht des jungen Mannes auf die Welt immer eine Parallele in einer Filmszene findet. Als er zum Beispiel gemustert wird und dann zur Luftwaffe geht, ist es die Uniform, die ihn fasziniert: Damit kann er junge Mädchen beeindrucken. Die erste Begegnung mit dem Ausbilder: „Das kannte ich aus 08/15“, sagt er. Die Wirklichkeit überholt ihn dann: „Ich bin nicht einmal zum Gefreiten befördert worden.“ Halmer hat viele Passagen gelesen, die seinen steinigen Weg schildern, und hat auch viel erzählt. Für die kleinen Blicke auf sein schauspielerisches Talent waren die Zuhörer besonders dankbar. „Aber das können Sie nachlesen“, versprach er: Die Lektüre verspricht amüsant und süffig zu sein. Ein sehr gelungener Auftakt des literarischen Sommers.

„Fliegen kann jeder“, Bertelsmann, 19,99 Euro.