Henschke lässt Cash auf der Bühne leuchten
Der Krefelder Schauspieler spielt überaus erfolgreich derzeit im TaZ den berühmten amerikanischen Country-Musiker.
Krefeld. Joachim Henschke steht an der Bar, mit dem Rücken zur Tür. Als er sich umdreht und zur Begrüßung ein paar Worte sagt, stellt sich sofort diese seltsame Assoziation ein: Johnny Cash, Legende und Nemesis der amerikanischen Country-Musik, steht in einer Kneipe der Krefelder Innenstadt. Gleich wird er sich seine Gitarre greifen und mit dunkler Stimme "The Beast in Me" singen.
Es ist erstaunlich, wie gutes Theater die Wahrnehmung verändern kann. Der groß gewachsene, kahlköpfige, braun gebrannte Schauspieler Henschke hat keine Ähnlichkeit mit Johnny Cash.
Er spielt ihn nur, in immer ausverkauften und oft bejubelten Vorstellungen im TaZ. Seit der Premiere bekommt Henschke Fanpost, und manchmal, so erzählt er, sieht er am Ende des Stücks Menschen im Publikum weinen.
Dass er jetzt auch als Henschke ein bisschen wie Cash wirkt, liegt vor allem an der Stimme. Dunkel und ungerührt hat Cash mit ihr die amerikanischen Sünden und Hoffnungen besungen, selbst im Angesicht von Krankheit und nahendem Tod ist sie unbeugsam und unzerstörbar geblieben. Henschkes Stimme lässt daran denken, besonders auf der Bühne, aber auch im Gespräch.
"Das war meine zweite Chance, die Rolle zu übernehmen", sagt Henschke. Schon bei der Uraufführung des Stücks von James Edward Lyons im Jahr 2004 war er als Besetzung vorgesehen, aber das scheiterte an Terminproblemen.
Nun ist er doch noch Cash geworden und genießt es in vollen Zügen: "Johnny Cash hat unsere Generation geprägt. Nicht sofort, denn am Anfang war seine Musik doch ziemlich austauschbar." Dann aber, mit dem mutigen Auftritt vor Mördern und Vergewaltigern in San Quentin, wurde Cash zur Ikone.
Zweimal hat Joachim Henschke den Sänger live gesehen, zuerst bei einem Festival mit Roy Orbison und Jerry Lee Lewis, dann als einen der Four Highwaymen - die anderen waren Waylon Jennings, Willie Nelson und Kris Kristofferson. "Das Konzert war in der Frankfurter Festhalle", erinnert sich Henschke. "Das war wunderbar, ein richtiger Theaterabend. Jeder der vier Männer hat seine Geschichte erzählt."
Was den Schauspieler jedoch am meisten beeindruckt hat, war Cashs Spätwerk, jene "American Recordings", die den alten Mann auch in der jüngeren Generation zum Idol werden ließen.
"Diese Tiefe hat immer in ihm gesteckt", glaubt Henschke. "Sie musste nur wachgeküsst werden." Am Ende seines Lebens sei das besonders deutlich geworden: "Nach außen war der Verfall erkennbar, aber in ihm leuchtete es noch." Dieses Leuchten auf der Bühne zu verkörpern - das lässt Henschke im Stück zu Cash werden.
Eine glaubwürdige Imitation jedoch, wie sie Joaquin Phoenix im Erfolgsfilm "Walk the Line" gelingt, war für Henschke und seinen Regisseur Matthias Kniesbeck nie ein Thema: "Wir wollten keine Kopie machen, kein Cash-Abziehbild. Das kann auch ganz schnell peinlich werden." Es gehe darum, die Lebensgeschichte glaubwürdig zu erzählen: "Das Publikum kannst du nur erreichen, wenn es dir glaubt."
Über Routine ist das nicht zu erreichen, sagt Henschke, nur mit der immer wieder neuen Leidenschaft für die Rolle und für Cashs Musik: "Die muss man in sich haben, sonst funktioniert es nicht."
Wie oft er den Sänger noch verkörpern wird, ist schwer zu sagen. Bis März sind alle Vorstellungen ausverkauft, es gibt eine lange Warteliste. "Aber", sagt Henschke, "so lange Leute kommen und das Stück sehen wollen, so lange wird es wohl laufen."