Katja Riemann: Mit bösen Liedern gegen die Piefigkeit

In der Friedenskirche singt Katja Riemann Rammstein und liest Sibylle Berg. Dabei bleibt der Filmstar allzu oft im Klischee stecken.

Krefeld. Sie war das Gesicht des deutschen Films in den 90er Jahren: Katja Riemann, 1963 bei Bremen geboren, startete ihre Karriere tief in der Provinz, am Landestheater Castrop-Rauxel - dann aber schnell durch. Sie wurde mit Filmpreisen überhäuft, nun hat sie auch noch das Bundesverdienstkreuz erhalten, für ihr Engagement als Unicef-Botschafterin. In der Friedenskirche präsentierte die Schauspielerin ihr Programm: "Friedensreich - Ein Doitschlandabend".

Riemann rezitiert Texte der Autorin Sybille Berg, die man für ihre spitze Feder kennt, und singt Lieder der Band Rammstein, die trotz oder wegen vieler Tabubrüche aktuell eine der erfolgreichsten deutschen Formationen ist. Der Berliner Arne Janssen begleitet Riemann auf elektrischer und akustischer Gitarre. Riemann greift schon mal zu Melodica und Glockenspiel.

Die beiden haben es sich nicht leicht gemacht. Ihr Programm ist solide gebaut, die Texte und Songs werden geschickt verzahnt. Vielleicht hätten sie es sich etwas leichter machen sollen, was die Effekte angeht.

Riemann kann nicht nur gut singen, sie kann dabei - wie auch beim Rezitieren - viele Farben in ihre Stimme bringen. Die elektronischen Effekte wie Stimmdopplung, Verzerrung, Hall scheinen nicht notwendig. Janssens Begleitung türmt manchmal mehrere live eingespielte Loops aufeinander. Weniger wäre oft mehr.

Die Texte der Berg entwerfen ein Bild der Provinz, das zu oft im Klischee stecken bleibt. Die Überschaubarkeit der Schrebergärten und eines Kaffs wie Castrop-Rauxel wird vorgeführt, das unromantische Nächtigen in Liegewagen der Deutschen Bahn aufs Korn genommen. Wenig scharfsinnige Verallgemeinerungen wie die vom Journalisten, der sein Arbeitsleben auf Kosten anderer lebt, und vom Theaterregisseur, der im wahren Wortsinn über Schauspielerleichen geht, sind eher mäßig komisch.

"Unsere kurze Daseinsfrist macht mehr Spaß, wenn man böse ist", könnte das Rammstein-Motto fast aller Lieder lauten. Den piefigen Verhältnissen wird mit den vermeintlich "bösen" Liedern der Marsch geblasen, so weit die Dialektik des Abends. Dass mit Riemann und Janssen zwei Könner auf der Bühne stehen, keine Frage. Aber inhaltlich berührend ist ihr Berg-Rammstein-Potpourri kaum.