Kirchliche Textilien erzählen Geschichten

„Antependien — Orgel für die Augen“ heißt die neue Ausstellung im Haus der Seidenkultur.

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Im Krefelder Haus der Seidenkultur wird am kommenden Sonntag die Sonderausstellung „Antependien, Orgel für die Augen“ eröffnet. Im nostalgischen Websaal des Museums der Seidenkultur in der Luisenstraße wurden zwischen 1908 und 1992 Priestergewänder für die katholische Kirche gewebt.

Nun stellen die Kuratoren Christel Naber und Dieter Brenner anlässlich des Lutherjahres dort eine große Vielfalt an sakralen Textilien der evangelischen Kirche vor. Sakrale Textilien, die sich von Priestergewändern bis hin zum Altar- und Fahnenschmuck erstrecken, werden in der Fachsprache Paramente genannt.

Evangelische Paramente beschränken sich, im Gegensatz zur üppigen Pracht katholischer Priestergewänder, hauptsächlich auf Antependien, also Altar- und Kanzelbehänge. Allerdings gibt es seit einigen Jahren auch eine Tendenz in der evangelischen Kirche den Pfarrern, statt des früher obligatorischen schwarzen Talars, mit weißen Beffchen, wie der spezielle Kragen des Pfarrgewandes genannt wird, immer mehr Farbe in Form bunter Stolen oder farbig bestickter Beffchen zuzubilligen.

So ist der erste Raum der Ausstellung den innovativen Pfarrgewändern gewidmet. Auch der Humor kommt hier nicht zu kurz: Auf einem Bildschirm kann man sich die Videopräsentation kreativer „Scherzbeffchen“ nach der Idee eines evangelischen Pfarrers ansehen. Da gibt es das Beffchen für den Pfarrer mit feuchter Aussprache, auf dem Tröpfchen abgebildet sind oder das Beffchen für Zockerpfarrer in Form zweier Spielkarten.

Im zweiten Ausstellungsraum befinden sich Antependien, die überwiegend im Diakoniewerk in Kaiserswerth angefertigt wurden. Dort war der Grafikdesigner Kurt Wolff langjähriger künstlerischer Leiter der Werkstatt für textile Objekte. Aus seinem Nachlass werden Altar-Antependien ausgestellt, die auf den jeweiligen Farben des Kirchenjahres mit der schlichten Andeutung eines Kreuzes bestickt sind. Sie sind Teil der Fliedner- Kulturstiftung Kaiserswerth, dessen Leiter, Dr. Norbert Friedrich, zur Eröffnungsfeier am Sonntag über die Einrichtung in Kaiserswerth sprechen wird.

Weitere Exponate experimentieren mit unterschiedlichsten Materialien, wie Glaselemente oder Filz, und dreidimensionalen Stickereien sowie ungewöhnlichen Formen, die einen breiten Interpretationsspielraum zulassen. Sie sollen die Fantasie des Betrachters anregen. Zum Beispiel symbolisiert in einer Kirche in Kempen jeweils ein Seidenband, von unterschiedlicher Farbe und Breite, jeweils einen Sonntag. An einem bestimmten Tag im Kirchenjahr werden die Bänder dann nebeneinander hinter den Altar gehängt und ergeben somit einen vielfarbigen Vorhang.

Aus der Christuskirche in Büderich, die ein zum Himmel gerundetes Dach aufweist, stammt die Arbeit einer Künstlerin. Sie hat in ihrer Arbeit die Rundung der Architektur aufgriffen und aus Stoffstücken einzelner Gemeindemitglieder, die zu persönlich bedeutsamen Ereignissen getragen wurden, kugelförmige Stoffcollagen geschaffen.

Bei der Eröffnungsfeier am Sonntag wird es nicht nur eine „Orgel für die Augen“, sondern auch Orgelmusik für die Ohren geben: Es werden die Aufnahmen verschiedener Orgelwerke, gespielt von Andreas Cavelius an der Klais-Orgel in St. Dionysius zu Gehör gebracht sowie eine DVD-Einspielung der Toccata „Schlafes Bruder“ aus dem gleichnamigen Film präsentiert.