Knatsch in der Kunstszene
streit Im Programmheft zum Galeriensonntag kritisiert Ralph Kleinsimlinghaus die Krefelder Kunstmuseen. Deren Chef wittert Demagogie.
Krefeld. Vorworte werden leicht überblättert. Selten geht es darin um Inhalte, eher um den Austausch von Freundlichkeiten. Ganz anders in der Broschüre zum nächsten Galeriensonntag, die bald in einer Auflage von 10000 Exemplaren verschickt wird. Die Überschrift "Verpasste Gelegenheiten" auf Seite 4 - gleich hinter dem Grußwort des Oberbürgermeisters - lässt ahnen, dass hier keine Streicheleinheiten verteilt werden.
Galerist Ralph Kleinsimlinghaus, zugleich Vorsitzender des Vereins Kunst in Krefeld (KiK), kritisiert in seinem Vorwort indirekt die Einkaufspolitik der Kunstmuseen. Sei es beim Campendonk-Nachlass, der ins bayerische Penzberg ging, oder bei Auktionen: Der Galerist vermisst ein Engagement für die "künstlerische Vergangenheit" der Stadt. Gerade im vergangenen Jahr habe Krefeld es verpasst, wichtige Werke rheinischer Expressionisten wie Heinrich Nauen zu teils günstigen Preisen zu erwerben.
Obwohl weder die Kunstmuseen noch ihr Direktor Martin Hentschel ausdrücklich genannt sind, fühlt dieser sich mächtig auf den Schlips getreten. In einem gepfefferten Brief wirft Hentschel dem Galeristen vor, sich "in besserwisserischer Manier" in "demagogische Niederungen" zu begeben. Das Pikante: Das Schreiben geht auch an den Oberbürgermeister, die Museumsfreunde und die 17 anderen KiK-Mitglieder - Krefelds komplette Kunstszene ist also informiert.
In dem Brief verteidigt Hentschel seine Einkaufspolitik, die bekanntlich auf die zeitgenössische Kunst zielt. Kleinsimlinghaus habe offenbar "keinen blassen Schimmer davon, weder inhaltlich noch in Bezug auf die finanziellen Mittel". Mit künstlerischen Vergangenheit seien eben nicht nur Krefelder gemeint, sondern auch internationale Künstler, die in den Häusern Esters und Lange ausgestellt haben. "Dein larmoyantes Pamphlet bekommt durch diese Verengung auch einen durchweg kleinbürgerlichen Anstrich", schreibt Hentschel.
Als "sehr verletzend" und "unter der Gürtellinie" sieht Kleinsimlinghaus diese Vorwürfe. Ihn irritiert vor allem, dass Hentschel ihm nicht privat schreibt, sondern auf dem Briefpapier der Kunstmuseen: "Der Stil ist nicht gut. Man sollte eine gewisse Form wahren." Zumal der Galerist die Kunstmuseen nach eigenen Angaben gar nicht attackieren wollte: "Das Vorwort war als Appell an die Krefelder Bürger gedacht. Ich wollte sie wachrütteln, sich für die künstlerische Vergangenheit ihrer Stadt einzusetzen."