Theater Eine poetische Fantasiereise für alle Sinne

Martin Heckmanns Kinderbuch „Konstantin im Wörterwald“ ist jetzt im Kresch-Theater uraufgeführt worden.

Konstantin (Oliver Möller) und seine Mutter – Claudia Schnürer schlüpft gleich in mehrere Rollen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Flüssiges Sprechen ist für viele Menschen selbstverständlich. So kann man sich kaum vorstellen, wie Menschen leiden, die stottern und jedes Wort unter großer Anstrengung formulieren müssen. So ein Makel macht einen schnell zum Außenseiter.

So geht es auch dem kleinen Jungen Konstantin in Martin Heckmanns Kinderbuch „Konstantin im Wörterwald“. Es ist eine klassische Mutmachgeschichte, die erzählt, wie man gegen seine Ängste und Defizite ankämpfen und diese letztlich auch besiegen kann.

Das 2015 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierte Buch ist jetzt in einer Bearbeitung für die Bühne im Kresch-Theater uraufgeführt worden. Franz Mestre hat die Bühnenfassung geschrieben und auch die Regie übernommen.

Das Stück bleibt eng an der Textvorlage, die jetzt auf zwei Protagonisten verteilt ist. Schauspieler Oliver Möller ist Konstantin und verleiht dem schüchternen Jungen eine mit besonderer Sensibilität gespielte Präsenz. Er ist nicht der Erwachsene, der ein Kind spielt, sondern verkörpert glaubhaft all das, was die Persönlichkeit des Jungen ausmacht. Seine Unsicherheit, aber auch eine gewisse Unbefangenheit und Abenteuerlust, die ihn letztendlich sein Stottern überwinden lassen. Deutlich zeigt Möller auch die physische Anstrengung, die das Stottern hervorruft.

Ihm zur Seite ist Claudia Schnürer, die mit großer Wandlungsfähigkeit in mehrere Rollen schlüpft. Sie ist nicht nur Konstantins Mutter, sondern spielt auch alle Figuren, denen Konstantin auf seiner Reise durch die Nacht begegnet: die Eintagsfliege, der Bach, die Blindschleiche, das Untier und das Mädchen O. Letztere hat Konstantin beim Blick aus seinem Fenster entdeckt. Er ist von ihrem geheimnisvollen Anblick und von ihrem Gesang so fasziniert, dass er sich auf die Suche nach ihr macht.

Das klassische Märchenmotiv von dem jungen Helden, der seine Prinzessin findet und befreit, ist hier geschickt mit dem Thema der Reise zu sich selbst verbunden. Konstantin, dem die gesprochene Sprache so große Probleme bereitet, findet über das geschriebene Wort Möglichkeiten, sich auszudrücken und gewinnt darüber wieder mehr Selbstvertrauen. Konstantin beobachtet genau, er reflektiert seine Gedanken und Gefühle und er notiert alles in seinem weißen Buch. Das Lesen seiner ausformulierten Gedanken gibt ihm Sicherheit.

Auch Bilder machen die Aufführung für Kinder spannend

Doch die Sprache steht nicht allein im Mittelpunkt des 70-minütigen Stücks. Es wird auch viel über Bilder erzählt und gerade das macht die Aufführung für Kinder noch spannender. Ein wesentlicher Beitrag dazu ist das auf wenige markante Elemente begrenzte Bühnenbild (Frank Andermahr). Im Mittelpunkt steht eine drei Meter hoher Stuhl auf einer Drehscheibe. Mit wenigen Requisiten lässt sich dieser Ort immer wieder verändern. Große Buchstaben sind auf dem Boden verteilt. Sie wirken etwas bedrohlich und sind ein gutes Bild für die Probleme, die Konstantin mit der Sprache hat. Später baut er sich zu verschiedenen Elementen zusammen, so wie er auch mit den gesprochenen Wörtern immer besser umgehen kann. Der Wörterwald bekommt für ihn zunehmend Struktur.

Schöne Lichtstimmungen tragen zusätzlich dazu bei, die Illusion verschiedener Orte, wie den Bach, den Konstantin durchschwimmt oder den Wald, entstehen zu lassen. Ein weiteres, sehr wichtiges Element ist die Musik, die Till Menzer auf verschiedene Weise erzeugt. Neben den Klängen von Percussion, Keyboard und Gitarre entsteht eine Vielfalt von Geräuschen. Darüber hinaus schlüpft Menzer ganz beiläufig in verschiedene Rollen, ist mal das Alter Ego Konstantins oder der bedrohliche Höhlenhund.

Auf diese Weise entsteht ein poetisches Theaterstück für alle Sinne, das die Fantasie anregt und an dem auch Erwachsene ihren Spaß haben. Bei der Premiere am Freitagabend waren sie deutlich in der Überzahl, was sicher der Uhrzeit geschuldet war. Die eigentliche Zielgruppe sind Kinder im Grundschulalter.