Konzert: So modern kann Barock klingen
Das letzte Weihnachtsoratorium der Saison — ein großer Abend.
Krefeld. Am 9. Januar ein Weihnachtsoratorium — nicht jeder hat so viel Besinnlichkeit ins neue Jahr hinüber gerettet. Doch am Sonntagabend in der Friedenskirche erwartete das Krefelder Publikum ein erlesener Hörgenuss: Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium, Teil IV bis VI.
Wer die Bedenken, ob man sich nach kalendarischem Abschluss der Weihnachtszeit noch mit solcher Musik beschäftigen sollte, beiseite gewischt hat, wird für seinen Mut belohnt. Apollon-Ensemble, Collegium Vocale Niederrhein und Solisten bieten einen wunderbaren Abend.
Schon thematisch gehen die drei aufgeführten Teile über das Geschehen bis Heiligabend hinaus. Teil IV des Weihnachtsoratoriums — „Fallt mit Danken, fallt mit Loben“ — plante der Komponist für die Aufführung am Neujahrstag, der als Fest der Beschneidung Christi gilt. An jenem Tag soll laut Überlieferung der Säugling den Namen Jesus erhalten haben.
Dieses Geschehen wird im ersten Rezitativ auch gleich erklärt. Mit der Arie „Flößt, mein Heiland“ zeigt sich die musikalische Vielfalt, die Bach in diesem Werk vereint hat — das Stück ist einer der Höhepunkte des Abends.
Der Gesang der Sopranistin Jessica Grzanna kommt als Echo von einer anderen Stelle der Kirche zurück, wo Karola Pavone ihren Auftritt als Solistin hat. Zusätzlich wird der Gesang der jungen Damen von einem Oboen-Duo umspielt, das sich aus dem Orchester heraushebt.
In ähnlicher Form, dieses Mal getragen von zwei Geigern, erklingt die nächste Arie, in der Tenor Andreas Post den Solopart inne hat. Die längeren Orchesterpassagen machen gerade in diesem Stück deutlich, wie überraschend modern der barocke Komponist klingen kann, wie er seiner Zeit voraus zu sein scheint und wie leicht und flott Dirigent David Cavelius ihn interpretiert.
Teil V des Oratoriums, „Ehre sei Dir, Gott, gesungen“, war ursprünglich für den Sonntag nach Neujahr vorgesehen. Den Titel gebenden Choral interpretiert das Collegium Vocale ebenso ausgezeichnet. Ein fast schon beschwingtes Loblied zu Ehren des Herrn, ohne weihnachtliche Sentimentalität oder Pathos.
Zum hohen Niveau der Darbietung passen nicht minder die Auftritte von Uta Christina Georg (Alt) und Michael Dahmen (Bass). Mit einem langen Applaus bedankt sich das Publikum bei den Interpreten und dem Dirigenten für diese Aufführung. Auch Bach hätte ihn für solch eine abwechslungsreiche Komposition zum Thema Weihnachten verdient.