Kirchen-Musik Zwei Zugaben an der Klais-Orgel

Krefeld · Die Organistin Isabelle Demers hat ihr Publikum in St. Dionysius mit Weihnachtsmusik und untypischen Klängen überrascht.

Die kanadische Organistin Isabelle Demers leitet die Orgelabteilung an der Baylor University Texas.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Andreas Cavelius, Organist an St. Dionysius, freute sich, „einen Star an der Orgel“ begrüßen zu können. Es ist die Kanadierin Isabelle Demers (*1982) gewesen, inzwischen Professorin für Orgel und Leiterin der Orgelabteilung an der Baylor University Texas. Zum dritten Mal hat sie ein Konzert an der Klais-Orgel gegeben, die mit zu ihren bevorzugten Instrumenten auf dem Globus gehört.

Die Variations de concert op. 1 von Joseph Bonnet (1884-1944) bieten eine hervorragende Gelegenheit, mit den Klangfarben der Orgel zu spielen und dabei die verschiedensten Registerkombinationen erklingen zu lassen.

Das breite Spektrum des Instruments lotete Demers dabei aus, so unterschiedlich klangen auch ihre Registervariationen — von weich minimalistisch bis zum Domorgel-Klangrausch. Bei Girolamo Frescobaldi (1583-1643) und seinem Stück „Bergamasca“ aus den „Fiori Musicali“ verzauberte sie die große Orgel in ein kleines barockes Instrument und streute mit den fiori musicali feine musikalische Blüten in den Kirchenraum.

Sie versetzte ihr Publikum in eine Sommerlandschaft, durch die ein leichter Wind streicht und die Blumen und Gräser wiegen lässt, Insekten herum flattern. Schön war dabei ihre Auswahl der Register, die alle neben den Stimmungen aus der Natur Assoziationen an historische Instrumente weckten.

Es folgte die Orgelsonate op.65/6 in d-Moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847). Dabei stellte sie den gesanglichen Charakter in ihrer Interpretation deutlich heraus. Im zweiten Satz, einem Andante Sostenuto, verstärkte sie den Charakter der Tempobezeichnung sostenuto (getragen) durch besonders schwebend klingende Register.

Ähnlich gestaltete sie auch das abschließende Andante und schaffte somit einen wunderbaren Übergang und eine perfekte Einstimmung zum nächsten Stück, dem „Lullaby“ aus der Orgelsuite Nr. 2 von Calvin Hampton (1938-1984).

Bei diesem Wiegenlied kam die Orgel so beruhigend und meditativ daher, dass das Lied seine Aufgabe gut erfüllen könnte. Den unterschiedlichen gesanglichen Themen gab sie noch einen besonderen Reiz durch ihre Registerwahl. Erstaunlich, wie sich auch eine große Orgel für ein Schlaflied eignen kann.

Anschließend weckte sie ihr Publikum mit eher tänzerischen Klängen auf, die der Volksmusik entlehnt scheinen. Sie trug die Variationen über „C’est la belle Françoise“ von Jean Le Buis (*1956) vor.

Da hörte man eine Variation, in der ein Register die führende Rolle übernahm und wie eine Flöte klang, die zum Tanz aufspielte. Dann folgte eine andere, schwebende flirrende Variation, bei der man kaum mehr den Klang einer Orgel vermutete.

Die abschließende Variation — eine monumentale — lässt keinen Akkord lang Zweifel an der Königin der Instrumente. Mit dem letzten Werk ihres Programms verblüffte Demers. Es war ein Weihnachtslied und das im Sommer: die Variationen über „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ (BWV 769a) von Johann Sebastian Bach (1685-1750).

Die bekannte Melodie umrankten temporeiche Begleitstimmen, die das Weihnachtslied etwas in den Hintergrund treten ließen. In diesen Variationen konnte man das Lied gut an einem Sommertag hören — die Interpretationen von Demers waren ein saisonunabhängiger Genuss.

Bei ihrem diesjährigen Konzert stellte sie weniger ihre Virtuosität, sondern mehr ihre außerordentlichen Fähigkeiten zum einfühlsamen Registrieren sowie Hervorrufen von oftmals untypischen Orgelklängen heraus — eben bestens passend für ein ausgesprochen lyrisches Orgelkonzert. Für den langen Applaus bedankte sich Demers mit zwei Zugaben.