Figurentheater in Krefeld Budenzauber startet beeindruckend-skurril

Krefeld · Zur Eröffnung des Festivals in der Fabrik Heeder wird „Du musst dein Leben ändern“ gezeigt

Das Festival Budenzauber wurde in der Fabrik Heeder eröffnet. Ein Blick über die Schultern der Technik zur Bühne.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Der Budenzauber in der Fabrik Heeder beginnt: „Ich will was sagen“ oder „Das ist nicht mein Leben, da gibt es eine Verwechslung“ oder auch „Ich bin Schauspielerin, ich bin Schauspielerin, ich will nichts anderes, ich will nur dies“ und „Ich bin der Teufel, wer sagt denn, dass der Teufel immer Hörner und einen Schwanz haben muss“ und schließlich „Mein Name ist Frau Ott“ – heißt es. Da tauchen sie auf, Figuren in winzigen Einzelzimmern. Sie sitzen fest in einem Moment, der sich nicht weiter bewegt, ein Stillstand, eine Notwendigkeit nachzudenken. Jede der Türen öffnet sich, die Figuren werden in die Zelle hinein bewegt von unkennbar, von schwarz verhüllten Gestalten, die die Figuren führen, ihnen ihre Sprache geben. Typen sind es, beeindruckend durch ihre jeweils das Wesen deutende Gestalt. Ihre Unveränderbarkeit, ihre großen sprechenden Münder lenken die Aufmerksamkeit aufs gesprochene Wort, die gelenkten Bewegungen verstärken die Aussagen, die inneren Bewegungen der Figuren.

Da ist der Speditionskaufmann, dessen Leben sich nur zwischen U-Bahnstationen bewegte, „ein Kind, ein Baum, ein Haus“, sagt er, das sei aber eine Verwechslung. Er beschwert sich bei Frau „Ott(Gott?)“, dass er nicht das Leben des Seefahrers leben konnte, das stünde doch in dem Lebensbuch, das er ihr vorhält. Er willigt ein, ein anderes Leben zu bekommen, aber er bekommt nichts, er verschwindet ins Nichts. Sein ihn bewegender schwarzer Gestalter taucht auf und will das Leben mit dem des Tüftlers tauschen, da er glaubt, es sei das interessantere. Nur, weit gefehlt, es ist unerträglich langweilig. Und immer hat „die, der“ Teufel seine Hand im Spiel. Er oder sie lacht hämisch, torpediert die sich anbahnenden positiven Situationen, besonders die, in der sich die Schauspielerin und der Tüftler einander annähern. Da ist er plötzlich beleidigt, da er sich verhöhnt glaubt, als sie ihn für schön hält. Die kleine Frau auf der Schaukel sieht die Menschen aus Seele und Tier zusammengesetzt, sie philosophiert über den Sinn des Lebens, sie gerät außer sich und schreit, will zur Veränderung zwingen. Und doch sieht sie Phantasie als die Möglichkeit, über die Wirklichkeit hinwegzutrösten.

Die Geschichten überlappen sich, die Figuren nehmen aufeinander Bezug. Sie erzählen von der Einsamkeit in der Pandemie, von dem Zurückgeworfen-Sein auf sich selbst. Sie glauben, ihr Leben ändern zu müssen. Nur scheinen sie es auch verlieren zu können oder im Tausch in einem noch viel weniger spannenden Leben aufzuwachen. Die Nachricht kommt, dass die Impfung durch Versprühen des Impfstoffes aus dem Flugzeug gestoppt wird. Alles ist wieder wie vorher. Alles? Ist „Alles“ vergessen, keine Erinnerung an die Selbst-Reflektion? Das Leben ändern? „Du musst dein Leben ändern“! Wirklich?

Zur Eröffnung spricht Oberbürgermeister Frank Meyer

Dieses Figurentheater der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle erzeugte mit dieser Uraufführung eine dichte Atmosphäre von Gedanken, Fragen, Satire, die lange nachklingen wird. Die Alphornklänge und die hinzugespielten Rhythmen schufen weitere Intensität. Figurengestaltung und Sprache, faszinierend. Zu Beginn begrüßte Oberbürgermeister Frank Meyer das Publikum mit der Freude, endlich wieder miteinander Live-Aufführungen erleben zu können und verwies auf die weiteren Aufführungen dieses „Budenzauber-Festivals“, das ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens in Krefeld darstellt. Zuletzt Blumen an alle Beteiligten und die Aufforderung, Fragen zu Figuren und Figurenorganisation zu stellen. Da hallte dann wohl mehr die Atmosphäre des intensiven Spiels nach.