Kultur-Checkliste: Wo liegt der Schwarze Peter?

Der Kämmerer lässt prüfen, ob Ausgaben in der Kultur wirklich unabdingbar sind. Das gefällt nicht jedem.

SPD-Kulturexperte Klaus Kokol ist nicht begeistert von dem Vorschlag.

SPD-Kulturexperte Klaus Kokol ist nicht begeistert von dem Vorschlag.

Foto: Bischof (2), Archiv abi

Krefeld. Das Formular ist äußerst simpel. Wer es ausfüllt, muss nur ein Kreuzchen machen und unterschreiben. Welche Rechtsfolgen jedoch damit verbunden sind, blieb vorerst im Dunkeln. Mit der Checkliste zu §82 Abs. 1 GO, auch als Bewirtschaftungsverfügung bekannt, hat Kämmerer Ulrich Cyprian Unruhe ausgelöst — in den Kulturinstituten und in der Politik. Offiziell geht es um Eigenverantwortung, doch damit könnte auch die alte Frage nach dem Schwarzen Peter gemeint sein

Die Leiter der Institute müssen die Checkliste jedes Mal ausfüllen, wenn sie Geld ausgeben — und seien es nur ein paar Euro. Für jede Ausgabe muss in Zeiten des Nothaushalts entweder eine rechtliche Verpflichtung bestehen oder es muss sich um die Fortsetzung einer bereits begonnenen Investition handeln. Beides ist in der Kultur eher selten, wird sie doch bekanntlich als freiwillige Leistung definiert.


Doch bei der dritten möglichen Begründung wird es knifflig: Danach muss es sich um eine „unaufschiebbare notwendige Aufgabe“ handeln, die „unbedingt sein“ muss — und zwar „jetzt“. Diese Punkte dürften in jedem Kulturinstitut zumindest diskussionswürdig sein.

Beispiel Mediothek: Ob man Bücher „unbedingt“ und „jetzt“ kaufen muss, lässt sich nicht so leicht beantworten. Einerseits bleibt die Bücherei auch ohne neue Bücher bestehen, andererseits erwarten die Kunden ein aktuelles Angebot. Bleibt das aus, verlängern sie ihren Leseausweis nicht mehr — und Einnahmen brechen weg

Beispiel Museen: Um angekündigte Ausstellungen tatsächlich eröffnen zu können, sind natürlich Ausgaben notwendig — aber „unbedingt“? Die Entscheidung darüber fällt nun der jeweilige Institutsleiter. Mit seiner Unterschrift versehen, geht die Checkliste zur Kämmerei.

Widerworte sind dort offenbar eher selten zu erwarten. „Auf sachliche Argumente wird in der Regel sachlich reagiert“, sagt ein Institutsleiter. Darüber hinaus haben die Kollegen in der Kämmerei nicht die Zeit, jede Anweisung gründlich zu überprüfen. Es bleibt bei Stichproben, die allerdings, wie Cyprian betont, „scharf kontrolliert“ werden.

Im Kulturbüro hat das, wie berichtet, dazu geführt, dass der Verwaltungsvorstand die gesamten Ausgaben für 2014 vorab genehmigt hat. Der Leiter Jürgen Sauerland-Freer legte Wert auf diese Rückversicherung, weil er, anders als seine Kollegen, keinen laufenden Betrieb aufrecht erhalten muss. Er organisiert Veranstaltungsreihen, über die sich kaum rechtsverbindlich urteilen lässt, ob sie „unbedingt“ und „jetzt“ stattfinden müssen.

Angesichts der Verfügung des Kämmerers witterte SPD-Kulturexperte Klaus Kokol bereits ein „bürokratisch verordnetes Chaos“. Er bemängelt zudem, dass „mit zweierlei Maß“ gemessen werde. Während der Oberbürgermeister nach gusto entscheide, welche Veranstaltungen in seinem Bereich überleben und welche nicht, „bleiben die Institutsleiter im Regen stehen“.

Die Antwort der CDU kam prompt: Als „maßlose Äußerungen“ und „Kokolores“ brandmarkte Stefanie Neukirchner Kokols Kritik. Die Verfügung des Kämmerers sei lediglich der Versuch, den „Sach- und Fachverstand“ der Institutsleiter „bei der Lösung der Haushaltsprobleme noch stärker zu nutzen“, erklärt Neukirchner.

Auch Cyprian betont auf WZ-Anfrage, es gehe ihm um „gegenseitiges Vertrauen“. Man könne nicht „mit der Rute“ hinter den Fachbereichsleitern stehen und Strafen androhen: „Wenn etwas schief läuft, bleibt letztendlich die Kämmerei verantwortlich.“