Krefelder Kultur im Lockdown „Lockdown ,light’ klingt für uns zynisch“

Krefeld · Der Corona-Lockdown gilt weiter, was bedeutet das für Kulturschaffende in Krefeld? Die Reaktionen.

Das Schild am Theater Krefeld zeigt statt der nächsten Vorstellung nur einen Appell.

Foto: Andreas Bischof

Zu der Verlängerung und teilweise Verschärfung des Corona-Lockdowns, die faktisch dazu führen, dass Kulturinstitutionen weiterhin, es sei denn es gäbe irgendwann Beschlüsse zu Lockerungen, geschlossen bleiben müssen, haben uns mehrere Statements erreicht. Hatten wir erste Reaktionen vom Generalmusikdirektor der Niederrheinischen Sinfoniker, Mihkel Kütson und zumindest in Kurzform von der Kulturfabrik schon gestern in unserer Zeitung veröffentlicht, so soll mehr Ausführlichkeit Platz finden.

Robin Lotze von der
Kulturfabik (Kufa) Krefeld

Letztere, in Person von dem zweiten Vorsitzenden Robin Lotze, hatte noch berichtet: „Um startklar zu sein, haben wir in den letzten Tagen mit kleineren Renovierungsarbeiten begonnen. Darunter fällt auch der Backstage-Bereich. Wir hoffen, dass sich unsere Künstler und Gäste bei der Wiedereröffnung dann ab sofort noch wohler bei uns fühlen werden.“ Die Crowdfundingkampagne im März sowie die Einnahmen der jetzigen Merchandise-Kollektion oder einzelne nicht zurückerstattete Tickets trügen zwar zum Überleben bei, so Lotze, könnten die „Ausfälle von fast 10 Monaten aber natürlich nicht annähernd auffangen.“

Michael Grosse, Theater Krefeld und Mönchengladbach

Von dem Theater Krefeld und Mönchengladbach erreichte uns neben Mihkel Kütsons Statement auch eine Einschätzung des Generalintendanten Michael Grosse. Das Theater müsse, so Grosse, durch die Verlängerung des Lockdowns den Spielbetrieb weiterhin bis vorerst 20. Dezember eingestellt lassen. „Während wir weiterhin betriebsintern unsere Arbeiten an geplanten Inszenierungen fortsetzen bzw. zum Abschluss bringen, um zum Zeitpunkt einer Wiederaufnahme des Spielbetriebes ohne Anlaufschwierigkeiten und kostbare Zeitverluste zu hundert Prozent in die Repertoirebespielung einsteigen zu können“, sagt der Generalintendant unserer Zeitung. Darüber hinaus berichtet er von „Überlegungen und Planungen, bestimmte Vorhaben des Spielplans Dezember und die alltäglichen innerbetrieblichen Arbeitsabläufe schlaglichtartig digital zu präsentieren und damit punktuell an erfolgreiche Formate aus dem April dieses Jahres anzuknüpfen und sie weiterzuentwickeln.“ Die Entscheidung zur Fortsetzung des Lockdowns sei vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens bereits Anfang November für das Theater erwartbar gewesen, erklärt Grosse. Er betont aber: „Die Bezeichnung ‚light‘ ist im Zusammenhang mit den die Kultur-, Kunst- und Veranstaltungsbranche betreffenden Einrichtungen an Zynismus unüberbietbar.“ „Eine Beteiligung dieser Branchen bei der Bewältigung der Pandemiesituation lediglich auf ihre komplette Schließung und Stilllegung für die Öffentlichkeit zu reduzieren, wird in keinster Weise dem vielfach unter Beweis gestellten kreativen Potential ganzheitlicher kultureller Bildung und Teilhabe gerecht, die wesentliche Teile unserer Gesellschaft in der jetzigen Zeit generationsübergreifend dringend benötigen“, konstatiert der Kopf des Gemeinschaftstheaters.

Krefelder Kunstverein
äußert sich auch zur Lage

Der Krefelder Kunstverein schaut aus einer etwas anderen Perspektive auf die Lage. Schriftlich teilt man uns mit, dass man in diesem Jahr bereits den besonderen Umständen auf diese Weise Rechnung getragen habe. „Es haben nur zwei Ausstellungen stattgefunden, zwei weitere mussten auf 2021 verschoben werden. Geplante Exkursionen, Museumsbesuche, Vorträge mussten abgesagt werden“, heißt es. Vor dem Hintergrund der überwiegend älteren Mitglieder und Besucher halte der Kunstverein die derzeit geltenden Maßnahmen für „sinnvoll“, erklärt man. Man sei in der „glücklichen Lage, wirtschaftlich nicht so unter Druck zu stehen wie vielleicht andere Institutionen und Kulturschaffende.“ Für 2021 plant der Kunstverein vier Ausstellungen und zwei Präsentationen von Schülerarbeiten (mit den kooperierenden Schulen Ricarda Huch Gymnasium und Montessori Schule). „Der Vorstand hofft, dass diese Ausstellungen alle stattfinden können, stellt sich aber auch darauf ein, dass wieder Flexibilität gefragt ist“, schreibt man uns. Unabhängig von der derzeitigen Lage indes gebe es Pläne, intensiv an einer besseren Medienpräsenz des Kunstvereins zu arbeiten.

Dieter Brenner vom
Haus der Seidenkultur

Das Haus der Seidenkultur wiederum versucht, seinen Auftrag, Kultur an die Menschen heranzuführen, bewusst durch neue digitale Formate, wie etwa Geocaching zur Seidenkultur in Krefeld, zu gewährleisten. Sprecher Dieter Brenner erklärte, man sei damit auf der Erfolgsspur. „Wenn die Menschen nicht zu uns kommen können, müssen wir zu den Menschen kommen“, sagt er, und er betont darüber hinaus auch: „Kultur findet nicht unbedingt in geschlossenen Räumen statt.“ So könne man durch die „Schnitzeljagd“ in Form des Geocachings „Stadtspaziergang auf seidenen Pfaden“, die an der frischen Luft in der Stadt stattfinde, zudem neue Zielgruppen ansprechen. Dies sei alles unter Corona-Regeln möglich. Die Boutique des Hauses ist geöffnet.

Man plane aktuell sogar einen digitalen Adventskalender im Online-Shop des Hauses mit einer großen Verlosung. Einkäufe im Shop würden dem Haus helfen, Einnahmeausfälle abzufedern.

Katia Baudin von den Kunstmuseen Krefeld äußert sich

Auch die Leitung der Kunstmuseen Krefeld, mit den drei Häusern Kaiser-Wilhelm-Museum, Haus Lange und Haus Esters, die weiterhin geschlossen sein müssen, äußert sich. Und berichtet, dass der Museumsshop des Kaiser-Wilhelm-Museums bald, ab Samstag, 28. November, öffnen werde.

„Natürlich ist die längere Schließung unserer Museen sehr schade“, erklärt die Direktorin der Kunstmuseen auf Anfrage unserer Zeitung. Betont aber zugleich, dass die Gesundheit ihres Teams und die der Besucherinnen und Besucher vorgehe. „Unser Hauptaugenmerk liegt nun darauf, den Kontakt zu unserem Publikum bestmöglich zu halten“, sagt die Museumsleiterin und führt aus: „Ein kleiner Trost mag daher sein, dass unter anderem die vielen in den letzten Monaten neu erschienenen Publikationen schon ab Samstag wieder im Shop im Kaiser Wilhelm Museum gekauft werden können.“

Darüber hinaus produziere man verstärkt Filme zu den Ausstellungen. So kommentiere Marcel Odenbach seinen Sammlungssatelliten #6 selbst in einem Video, das auf der Website abrufbar ist. „Weitere Filme werden im Dezember folgen“, verspricht Baudin.

Anja Jansen vom
Werkhaus und Südbahnhof

Vom Krefelder Werkhaus und Südbahnhof erreichen wir Anja Jansen vom Vorstand telefonisch.

Sie erklärt uns: „Unsere Formate lassen sich nicht einfach durch andere ersetzen“. Natürlich käme es stets auf das jeweilige Format an, doch stehe der Südbahnhof und das Werkhaus für einen Ort, „wo man sich einlässt“. „Was wir machen, erlebt man durch ein unmittelbares Erfahren“, sagt Jansen, durch Mitgestalten. Dies gehe jetzt auf die übliche Weise nicht. Dennoch stellt sich der Verein den Herausforderungen durch technische Weiterentwicklung im gesamten Haus. Man bietet digitale Alternativen.

Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK), Edith Stefelmanns

Edith Stefelmanns von der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) erklärte uns, dass man eigentlich plane, „ab Januar loszulegen“. Ausstellungen, die für dieses Jahr angedacht waren, habe man auf nächstes Jahr verschoben. „Wir gehen positiv in das nächste Jahr“, sagt sie und betont, dass es „nicht helfe zu jammern.“ Man müsse Alternativen finden. So etwa plane man Videos auf Youtube zu stellen und so die Künstler der Gemeinschaft zu präsentieren.

Kresch, Jugend- und Kindertheater, Isolde Wabra

Von der Leiterin des Kresch-Theaters erreicht uns ein ausführliches Statement, aus dem wir zitieren wollen: „Für mich als Theaterleiterin sind Bildung und Kultur die Grundpfeiler einer Gesellschaft. Als Kinder- und Jugendtheater sind wir auch im Stillstand da und arbeiten gezielt weiter. Die Theater und auch die Schulen müssen sich ändern, jetzt ist dafür Zeit intensiv an Konzepten zu arbeiten.“ Als Kinder- und Jugendtheater gehe es jetzt darum, für die Schulen und für die Lehrer da zu sein. Die Situation an den Schulen spitzte sich täglich dramatisch zu. „Aufgrund der steigenden Anzahl erkrankter Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer ist es uns derzeit nicht möglich, mobil in die Schulen zu kommen“, schreibt sie.

„Für die jungen Menschen werden durch die Verordnungen widersprüchliche Botschaften vermittelt“, heißt es weiter. Denn: „Schülerinnen und Schüler sitzen dicht gedrängt in den Klassen, quetschen sich in öffentliche Verkehrsmittel und dürfen aber nicht ins Theater, obwohl dort Abstand, Lüftungsanlagen und beste Voraussetzungen nach geprüften Kriterien gegeben sind“, führt Wabra aus. „Wir werden es so sehr zu schätzen wissen, wieder spielen zu dürfen, unserem Publikum nah zu sein, der Funke wird überspringen.“

Das könne alles wiederkommen, wenn „wir uns an die 3 einfachen Regeln halten und akzeptieren, dass jetzt trotz aller Widersprüchlichkeit die Theaterpforten zu bleiben.“ Als Gesellschaft müsse man lernen, dass man aufeinander angewiesen sei. Es sei eine Zeit angebrochen, „in der das Publikum uns braucht.“ Corona werde Spuren hinterlassen, auch wenn der Impfstoff da sei. „Wir sollten uns neu einrichten in dieser Welt. Künstlerinnen und Künstler, die sich daran beteiligen, werden immer ihren Platz finden“, erklärt Isolde Wabra.