Interview Moshroom-Festival: Böse Musik für den guten Zweck

Das zehnte Moshroom-Festival ist für Organisator Oliver Beier etwas Besonderes — auch weil es wegen seiner Krebserkrankung das Letzte sein könnte.

Foto: Andreas Bischhof

Krefeld. Das Interview mit dem Organisator des Krefelder Metal-Festivals beginnt ungewöhnlich — ungewöhnlich offen und ernst. Oliver Beier erzählt von der Diagnose Lungenkrebs, die ihn im Jahr 2015 traf. „Das ich hier noch sitze, ist ein Wunder“, sagt der 35-Jährige, der lange Jahre auch als Schlagzeuger der Krefelder Metal-Band Hasteblood ordentlich Dampf gemacht hat. Durch die Diagnose hat sich alles verändert.

Trotzdem gibt Oliver Beier nicht auf. In der Kulturfabrik arbeitet er als Booker: „Zuhause würde mir nur die Decke auf den Kopf fallen.“ Und organisiert mit einem Team das zehnte Moshroom-Festival. „Ob es ein elftes gibt, ist noch die Frage“, sagt Beier mit Blick auf die Krankheit. Und trotzdem will Beier mit der WZ über das sprechen, was ihn in diesen Tagen bewegt. Das sind vielleicht manchmal auch negative Gedanken, aber am Freitag und Samstag vor allem Musik, die die Fans der Region zusammenbringt.

Was gab die Initialzündung zu sagen, jetzt organisiere ich ein Festival für Metal-Fans?

Oliver Beier: Ich saß damals mit meiner Band Hasteblood zusammen und wir haben uns zusammen darüber Gedanken gemacht, wo wir spielen könnten. Dann ist mir aufgefallen, klar wir haben die Rampe, das Magnapop und die Kufa als Anlaufstellen für Bands. Und es gibt dann nur hier und da mal ein kleines Metalkonzert. Deswegen haben wir uns gedacht, es wäre doch cool, wenn mal was etwas Größeres machen, damit Krefeld ein Metal-Festival hat.

Wie sah das erste Moshroom-Festival 1996 aus?

Beier: Das Jugendzentrum Funzel kam uns damals entgegen, die haben ja auch eine kleine Location im Keller, wo circa 300 Leute reinpassen. Da haben wir die Erlöse auch sofort für das Jugendzentrum gespendet. Pro Tag waren circa 150 Besucher da. Damals hat auch Gregor Kathstede etwas gespendet und hat das Festival quasi mit uns eröffnet. Am Ende hatten wir so 1555 Euro zusammen. Das war ein sehr guter Start für uns.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, daraus eine Benefizveranstaltung zu machen?

Beier: Die Idee, dass wir es als Benefiz machen, kam, weil wir zeigen wollten, dass hier „böse Musik“ für einen guten Zweck gespielt wird. In Medien wird härtere Musik ja oft unglücklich dargestellt. So nach dem Motto „er hat Slipknot gehört und ist Amok gelaufen“, was totaler Quatsch ist. So können wir Leuten sagen, die eine Abneigung gegen diese Musik haben: „Ey, wir machen zwar Musik, die böse klingt, aber es passiert nichts Schlimmes und man kann bei so einem Konzert auch noch etwas Gutes tun.“

2014 seid ihr dann in die Kulturfabrik umgezogen…

Beier: Ja, wir haben wir einen Probelauf nur in der kleinen Halle gemacht. Letztes Jahr hat das Festival, auch weil ich damals von meiner Krankheit erfuhr und die Zeit knapp war, nur an einem Tag stattgefunden. Jetzt haben wir gedacht, zehn Jahre ist auf jeden Fall ein Grund, in die große Halle zu gehen. Letztes Jahr war die kleine Halle eh zu klein und wir waren ausverkauft. Ich schätze, dass jetzt so 300 bis 400 Leute pro Tag kommen.

Macht dieser familiäre Charakter das Moshroom-Festival aus?

Beier: Definitiv. Vorhin hat eine Besucherin eine Karte gekauft, die ich auf einem der Konzerte kennengelernt habe. Sie hat gesagt, dass sie sich schon freut, die Leute wiederzusehen. Das ist genau dieses Ding. Deswegen haben wir auch dieses Jahr gesagt, dass wir am Freitag ein Best of der letzten Jahre machen. Da spielen dann die ganzen Bands, die immer viel Publikum gezogen haben und uns unterstützt haben. Samstag gibt es dann neue Bands, die noch nie beim Moshroom waren. Da haben wir dann zum Beispiel Deadlock als Headliner, die erst vor Kurzem ein neues Album rausgebracht haben. Die gibt es auch schon seit 1996.

Gibt es Moshroom-Anekdoten, die in besonderer Erinnerung geblieben sind?

Beier: Besondere Momente gab es für mich vor allem mit den Bands, die hier waren. Zum Beispiel die Excrementory Grindfuckers, die wir als Hasteblood oft gehört haben. Mit denen haben wir in der Funzel übernachtet. Später haben wir da noch die Beleuchtung der Bühne wieder angemacht und eine kleine Playback-Show veranstaltet. Das ging dann bis in die frühen Morgenstunden.

Gibt es eine Krefelder Metal-Szene?

Beier: Es gibt eine Szene, sie ist aber nicht mehr so aktiv. Es gibt viele bekanntere und unbekanntere Metal-Bands, die in den Bunkern oder anderen Proberäumen in Krefeld Musik machen. Im Moment hört man aber nicht mehr so viel und es gibt auch nicht so viele Konzerte wie früher. Die Bands haben früher selber mehr auf die Beine gestellt. Beim Moshroom treffen sich dann die Leute, die in den letzten zehn Jahren alle aktiv waren, wieder.

Du hast zu Beginn von deiner Erkrankung erzählst. Hast du darüber nachgedacht, das Festival ausfallen zu lassen?

Beier: Den Gedanken hast du auf jeden Fall. Weil es immer wieder Zeiten gibt, wo es dir dann wieder ein bisschen schlechter geht. Wo du auch nicht weißt, ob du das noch alles packst. Natürlich habe ich viele Leute, die mich hier unterstützen, aber manches muss man ja auch selber machen. Den Gedanken gab es letztes Jahr und dieses Jahr auch. Ich weiß auch nicht, ob es nächstes Jahr stattfinden wird, jedenfalls mit mir. Es ist aber leider Realität und ich kann es nicht ändern. Man muss versuchen, das Beste daraus zu machen und zu zeigen, auch wenn alles kacke ist, kann man immer noch was bewirken.