Neue Platte Musiker Patrick Richardt: Ein Melancholiker mit Selbstbewusstsein
Der Krefelder Musiker Patrick Richardt hat seine zweite Platte veröffentlicht. Freitag stellt er sie bei einem Konzert vor.
Krefeld. Auch schon wieder vier Jahre her. Im Januar 2013 erschien „So, wie nach Kriegen“, das Debütalbum des Krefelder Singersongwriters Patrick Richardt. Es folgten Tourneen mit Kettcar und Thees Ullmann, und auch im Vorprogramm der Sportfreunde Stiller war Richardt zu hören. Das war ein vielversprechender Start — der ins Nichts führte. Doch jetzt ist der 28-jährige Krefelder wieder zurück, mit neuer Platte, wieder aufgelegt beim Hamburger Label Grand Hotel van Cleef. Am Freitag präsentieren Richardt und Band „Soll die Zeit doch vergehen“ im Magnapop.
„Ich hing ’ne Weile lang durch und hab wenig bis gar nichts auf die Kette gekriegt“, so wird Richardt freimütig auf der Internet-Seite seines Labels zitiert. Von einer Depression ist die Rede, und zumindest Gedankenschwere taucht auch immer wieder in seinen Texten auf, auch wenn der erste Song „Euphorie“ heißt.
„Alle Zeichen stehen auf Sturm, es geht los“, heißt es da und der Wille zum Neuanfang wird bekundet: „Ach, zum Teufel mit dem ganzen Gejammer.“ Die Zeilen: „Habe zwei, drei Jahre verpennt und dabei doch nie geschlafen“, kann man autobiografisch verstehen. In den Texten scheint die Distanz des Autors zum eigenen Leben nicht groß, das ist sicher eine der Stärken der Platte. Dazu gehört, dass sie dem Hörer ein Wechselbad der Gefühle abverlangt. So folgt nach „Euphorie“ der Song „Soll die Zeit doch vergehen“, in dem es heißt: „Ich bin raus und bleib am Rande stehen, sehe eure Träume im Sekundentakt vergehen.“ Der Melancholiker klinkt sich aus der Gemeinschaft aus und bespöttelt ein wenig die Unbekümmertheit der anderen. Aber es bleibt erträglich.
Der Sänger beschreibt seine Hoffnungen bei aller Aufbruchsstimmung als brüchig, und für den Stillstand ohne Perspektive findet Richardt manchmal sogar, was es eigentlich nicht geben kann, Wohlfühlbilder der Verzweiflung. „Wir laufen Kreise in der Wüste Sahara, als wäre die Liebe eine Fata Morgana“, heißt es etwa in der wunderbar traurigen Ballade „Wüste Sahara“.
Das Lied Nummer acht, mittendrin in der Liste von 14 Stücken, ist dann doch eine Überraschung. Mit „Tanzen gehen“ gelingt Richardt eine (fast) ungebrochene Liebesballade, in der man — aber nur kurz — das ganze Wenn- und Aber-Geraune der sonstigen Texte vermisst. Was ist denn da passiert? „Die Nacht ist viel zu jung, um schon schlafen zu gehen.“ Ach, so.
Die CD endet mit dem Song „In leiser Hoffnung“, also nicht mehr voller „Euphorie“, wie es zu Beginn heißt. „In leiser Hoffnung“, das klingt für den Gesamteindruck auch passender. Hier macht sich einer wieder auf den Weg. Und dabei will er sich nicht einfach den Staub aus den Kleidern schütteln, der dort auf ziellosen Wegen gelandet ist, denn der gehört ja auch zu ihm. Das ist sympathisch.
Ein Singersongwriter, das ist Patrick Richard immer noch, zusammen mit Koproduzent Benjamin Kronski hat er die Musik aber konsequent in Richtung Gitarren-Pop verschoben. Die gute alte Akustik-Gitarren-Begleitung kommt zwar auch vor, ist aber nur noch ein Stilmittel von vielen. Ein Streicherarrangement findet sich in einem Stück, ein Bläsersatz in einem anderen, dominierend aber sind treibende E-Gitarren und entsprechende Rock-Grooves. Passt das denn zu den melancholischen Texten? Aber ja doch, das passt für diesen Melancholiker mit wieder erwachtem Selbstbewusstsein.