Oldtimer lässt wieder mächtig Dampf ab

Alle acht Jahre muss die historische Lok zu einer technischen Untersuchung. Kosten: 390 000 Euro.

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Krefeld. Es ist heiß da oben. Lokführer Jörg Singer (42) wiegt den Kopf. „Je nach Außentemperatur kommen wir hier schon mal so auf 40 Grad Wärme.“ Und dann lässt der gelernte Schlosser Dampf ab. „Jetzt gibt er sozusagen Gas“, lacht der sogenannte Beimann Werner Hamann auf der Lok Bismarck. Für das Zischen und Schnauben der historischen Henschel-Dampflok von 1947 erntet das Duo Beifall und Winken von den Biertischen am Bahnsteig des Nordbahnhofs. „Da machen wir schon mal ein wenig mehr Dampf für das Publikum“, sagt Hamann.

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Für die 13,6 Kilometer von St. Tönis bis zum Hülser Berg braucht der SWK-Zug knapp eine Stunde. „Wir dürfen nur 30 Stundenkilometer fahren“, bedauert Singer. Das ist ein Drittel weniger als die mögliche Höchstgeschwindigkeit des Zuges, an dem neben fünf Passagier- und einem Barwaggon noch ein bis zwei Packwagen für Fahrräder und Kinderwagen hängen.

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Alleine die Lok bringt es auf ein Gewicht von mehr als 60 Tonnen und leistet rund 600 Pferdestärken. „Hochgefahren werden muss die Technik bereits drei Stunden vor der Abfahrt“, erklärt der Oppumer. Erst dann habe die Bismarck genug Dampf im Kessel.

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Alleine 2013 waren es über 20 000 Gäste, die sich mit dem Schluff ins Grüne und wieder zurück in die Stadt bringen ließen. Zehn Euro (Kinder sechs Euro) kostet das Vergnügen. Und überall wird ihm zugewunken, erntet er fröhliche Gesichter. Sogar die Autofahrer, die an den Schranken halten müssen, haben ein Lächeln für den Zug und seine Gäste parat.

Apropos Schranken. Nicht alle Kreuzungen des Schienenstrangs sind beschrankt. Vor solchen Übergängen pfeift die Lok durchdringend und hält schließlich. Der Zugbegleiter eilt nach vorne und warnt Kraftfahrer und Fußgänger mit einer rot-weißen Fahne. Dann erst kann Singer wieder „Gas“, sprich Dampf geben.“ An anderen Übergängen kann der Beimann das Rotlicht über einen Knopf in der Lok auch per Fernbedienung regeln.

Wie ein Auto regelmäßig zum TÜV muss, wird auch die Lok regelmäßig einer Untersuchung unterzogen. Im Dezember wurde die Bismarck per Tieflader zur alle acht Jahre fälligen Hauptuntersuchung ins sächsische Meiningen gebracht. Am 28. Juni war die Lok wieder zu den geplanten Hochzeitsfahrten zurück. Allerdings mit einer saftigen Rechnung. 390 000 Euro hat die Überholung gekostet.

Guido Stilling, Geschäftsführer der SWK-Mobil und des Fördervereins „Schluff und historische Verkehrsmittel“: „Für so ein altes Schätzchen gibt es natürlich keine Ersatzteile von der Stange. Jede Schraube, jede neue Leitung muss manuell angefertigt werden.“

Die Lok sei in Meiningen komplett auseinander genommen und wieder aufgebaut worden. Die Technik wurde auf Herz und Nieren geprüft und instand gesetzt. Bis auf den ausgetauschten Brennkessel war die Abnutzung nicht allzu groß, ist Stilling erleichtert.

Dennoch wird der Förderverein für die Kosten kräftig mit dem Klingelbeutel aktiv werden. Hilfe kommt auch von der Kultur-Stiftung der Sparkasse. Sie wird in drei Tranchen insgesamt 180 000 Euro beisteuern.

Vor 15 Jahren hat Jörg Singer seine Ausbildung zum Lokführer absolviert. Mehrere zehntausend Kilometer hat Singer mit dem Schätzchen bereits zurückgelegt. „Man spürt jetzt schon, dass die Lok wieder auf Vordermann gebracht worden ist“, sagt er, während er mit der linken Hand den mächtigen Eisenhebel in der Mitte des Führerstandes nach rechts schiebt. „Damit regelt er die Dampfzufuhr“, sagt sein Beimann Werner Hamann, während die Lok gemächlich auf das Ausweichgleis rumpelt. Mit der Rechten kann Singer das Ventil für den markanten und hellen Pfeifton bedienen. „Da pfeifen wir auch schon mal, wenn wir einen Bekannten sehen“, schmunzelt der Lokführer.