Musiktheater Operngala: Spendenaufruf für Beirut

Krefeld · Die erste Veranstaltung nach der Sommerpause im Theater Krefeld sorgte für Begeisterung. Operndirektor warb um Spenden für ein schwer beschädigtes Theater in Libanon.

 Boshana Milkov vom Opernstudio Niederrhein und Tenor Kairschan Scholdybajew bei ihrem Auftritt im Rahmen der „Kleinen Operngala“.

Boshana Milkov vom Opernstudio Niederrhein und Tenor Kairschan Scholdybajew bei ihrem Auftritt im Rahmen der „Kleinen Operngala“.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Es war ein berührender Abend im Theater Krefeld. Am Ende bat Moderator Operndirektor Andreas Wendholz um eine großzügige Spende zum Wiederaufbau der „Zoukak Theatre Company, Beirut“, ein Theater, das bei der verheerenden Explosion in Beirut am 4. August schwer beschädigt wurde. Maya Zhib, die 2013/14 am Theater Krefeld Regie geführt hat und auch 2020/21 eingeladen war, hier Gastregie zu führen, was wegen Corona auf die nächste Saison verschoben worden ist, steht für eine direkte Verbindung zum Beiruter Theater-Kollektiv. Sie ist Gründungsmitglied dieses Theaters und appelliert an ihre zweite künstlerische Wirkungsstätte in Krefeld, den Wiederaufbau durch Spenden zu unterstützen.

So können Konzerte in
Corona-Zeiten funktionieren

Das Theater war unter den planstabsmäßig organisierten Bedingungen, Abstand zu halten und Masken zu tragen, ausverkauft. So kann Konzert in Corona-Zeiten funktionieren. Das zeitgleich die erste Aufführung nach der Sommerpause im Theater Krefeld war und vor der ersten Premiere (Carmen am 12. September), fast als eine kleine Spielzeiteröffnung gelten konnte. „Kleine Operngala mit großen Stimmen“ war versprochen worden, und es wurde musikalisch eine große Gala.

Klein war nur das Orchester: elf Musiker, bestehend aus Streichern, Bläsern, Harfe und Schlagzeug, wurden von Erik Garcia Alvarez (am Flügel sitzend) souverän dirigiert. Letzterer hat die Opernarien für das Corona-reduzierte Orchester schlank und wohlklingend arrangiert. Eine Hitliste bekannter Arien von Bizet, Rossini, Mascagni, Lortzing, Donizetti, Puccini, Verdi, Tschaikowsky, Saint-Saens und Offenbach erschien in einem leicht und transparent gestylten Orchesterklang, unterhaltsam-konzertant dargeboten, fast im Flair eines Salonorchesters.

Das Gesangsniveau der zehn Solisten war großartig professionell, eher unterhaltsam als dramatisch-fesselnd. Es war eben keine Opernbühne. Und doch wurde man als Zuhörer von den konzertanten Darbietungen gefesselt. Das Thema „Liebe“ mit all ihren Facetten, mal aufflammend, mal enttäuscht, mal verzweifelt, mal verspielt, durchzog alle Arien. Bizets Carmen-Arie „Auf in den Kampf“ (Guillem Batllori) machte mit einem kräftigen Bariton den Auftakt zu einem Parforceritt durch die Opernwelt. In Rossinis „Italienerin in Algier“ sang Boshana Milkov als Isabella von Männern, die sie an der Nase herumführte. Das Duo Kairschan Scholdybajew/Rafael Bruck (Tenor/Bariton) geriet in der Rolle als Perlenfischer in Streit, weil man statt Perlen lieber Frauen angeln wollten. Eva Maria Günschmann brillierte als Santuzza in Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ mit ausdrucksstarkem Sopran, während Matthias Wippich (Bariton) dem Zuhörer gesanglich zu erklären versuchte, was er als Baculus in Lortzings „Der Wildschütz“ mit 5000 Talern (umgerechnet immerhin mehrere Millionen Euro) anfangen würde.

Maya Blaustein, Sopran, als Norina in Donizettis „Don Pasquale“ rückte das Thema „Männer verführen“ in den Mittelpunkt der Betrachtung. Puccinis Tosca-Arie der Cavaradossi (David Esteban, mit strahlendem Tenor) und Verdis Arie der Violetta aus „La Traviata“ (Sophie Witte) mit feinen, virtuos gesungenen Koloraturen gehören in der Hitparade der beliebtesten Opernarien ganz weit nach oben. Hier wird Liebe als Herzschlag des Universums, Freude und Glück besungen. Wunderbare Musik, die wie Balsam auf die Seele des Zuhörers wirkt. Lebensmut vermittelte auch der Bassist Hayk Dèinyan mit seinem wohltuend unaufgeregten und besinnlichen Gesang in Tschaikowskys Eugen Onegin-Arie des Grimm. Er sang von einer gedämpften Liebe, einem Strahl von Himmelslicht.

In Saint-Saens „Samson und Dalila“ wird die Sehnsucht nach Zärtlichkeit besungen, (Günschmann), in Donizettis „Der Liebestrank“ werden Aufputschmittel contra ehrliche Gefühle diskutiert (Witte/Wippich), in Puccinis „Madama Butterfly“ propagiert Pinkerton (Esteban) kurz und bündig den Abschied von Glück und Liebe, während die Barcarole und „Bell nuit“ aus Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ ein nachdenkliches, aber tröstliches Finale präsentiert. „Die Zeit vergeht und nimmt unsere Zärtlichkeit mit“ wird da mit schönem, innigem Gesang (Blaustein,Milkov) verkündet. Zwei Zugaben von Verdi und Rossini (Katzen-Duett) beschlossen einen unterhaltsamen wie tröstlichen Abend. Es gab Bravorufe und langanhaltenden Applaus.