Premiere im TAM: Schwere Kost für das Publikum

Das Theater am Marienplatz entführt im Februar ins Reich der Konkreten Poesie.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. „Der Name des Gegenstands ist ein neuer Gegenstand“, das ist ein harmlos klingender Satz, der es trotzdem in sich hat. Er stammt von dem 1939 in Stuttgart geborenen Hartmut Geerken, einem Vertreter der Konkreten Poesie. Das Fischelner Theater am Marienplatz (TAM) widmet Geerken sein Februarprogramm unter dem Titel „Verschiebungen“ und erspart dem Publikum dabei auch nicht sprachphilosophisch grundierte poetologische Texte des Autors — aber das ist nicht das Problem des Abends.

Der poetologische Teil des Abends heißt „Axiomatisches“ und hat drei Unterkapitel, die von Karsten Lehl gelesen werden. Man lernt, aber nichts Neues, zum Beispiel dass Sprache und Welt nicht identisch sind, auch wenn die Welt zur Sprache kommt, und dass demzufolge die Sprache wiederum selbst ein Teil der Welt ist, also Gegenstand und so fort. Das ist vielleicht dann doch eher Stoff zum Lesen als zum Zuhören, weil bei einer Lesung dem Zuhörer die Zeit zur Reflektion kaum bleibt. Damit wäre man bei einem Problem des Abends: Die Auswahl der Texte ist vielleicht etwas unglücklich. Er ist mit seinen zwei fast Stunden darüber hinaus auch zu lang, im Ganzen und im Detail.

Der Text „Ein Mann an sich“ zum Eingang, gelesen von Pit Therre, Dieter Kaletta, Gereon Bründt, Stefan Hölker und Stefan Otto-Bach, offenbart zu schnell seine Absicht, nämlich aufzuzeigen, dass Sprache, wenn sie sich zu sehr redensartlicher Formulierungen bedient, ihren Gegenstand verfehlt. Hier hätte man den Text auch kürzen können.

Gleiches gilt für den Dialog „Gespräch“, gelesen von Lehl und Nina Sträter, dessen Frage- und Antwortspiele ihre Redundanz allzu schnell offenbaren. Sieben Einzeltexte unter der Überschrift „Entwicklungen“ sorgen dann schon für ein wenig mehr Abwechslung, mit dem Text „Diagonalen“, einem Sprechstück für fünf Stimmen, erobert sich der Abend doch noch einmal Aufmerksamkeit. Therre, Kaletta, Bründt, Hölker und Otto-Bach produzieren vielstimmig ein sinnentleert-dadaeskes Klangbild aus Silben und Lauten. Auch der „Ansatz zu einer Interpretation des Kategorischen Imperativs“, vorgetragen von Lehl, Kaletta und Therre zum Schluss, kann mit seiner Verballhornung des berühmten Satzes von Immanuel Kant punkten.