Schräge Bläsersätze, fette Rockgitarre und dichte Grooves im Jazzkeller

Eigentlich hatte der Jazzklub Krefeld (JKK) nur fünf Festkonzerte geplant, um seinen Teil zum 60-jährigen Jubiläum des Jazzkellers beizusteuern. Mit Trompeter John-Dennis Renken und seiner Band Tribe sollte wieder zum normalen Konzertbetrieb zurückgekehrt werden.

Foto: Klaus M. Schmidt

Kurzerhand erklärte JKK-Vorstandsmitglied Christoph Kuntze dann aber am Donnerstagabend auf der kleinen Kellerbühne auch dieses Konzert zum Festkonzert.

Angesichts der Qualität der Musik von Tribe, die dann in zwei spannungsgeladenen Sets zu hören war, eine angemessene Etikettierung, wenngleich die Musiker den Fans sicher auf jeden Fall ein Fest bereitet hätten.

Renken war mit seinem Trio Zodiac schon im Keller zu hören. Dieses Trio bildet bei Tribe den Kern. Neben Renken spielen bei Zodiac der E-Gitarrist Andreas Wahl und der Schlagzeuger Bernd Oezsevim. Als Renken im vergangenen Jahr der Improviser in Residence in Moers war, durfte er sich fürs Moerser Jazzfestival eine Band zusammenstellen. Dazu erweiterte er Zodiac mit der Altsaxophonistin Angelika Niescier und der Posaunistin Shannon Barnett zum Quintett.

Gut, dass sich die Fünf dazu entschieden haben, es nicht nur bei ihrem Festivalauftritt zu belassen. Selten genug bekommt man einen dreistimmigen Bläsersatz im zeitgenössischen Jazz zu hören. Die Stücke der Band stammen von Renken und Wahl. Material für Zodiac haben sie für Tribe neu arrangiert. Die Bläsersätze sind einfach prima, fast immer mehrstimmig und dabei schön schräg zusammengebaut. Kraftvolle Tutti wechseln mit kunstvollen Schichtungen und Verschachtelungen. Wenn dann noch die fette Grundierung von Wahls rockiger Gitarre hinzutritt, ist das einfach umwerfend.

Wahl mit seinem fetten Rocksound und Oeszevim mit seinen sehr dichten und dennoch federnden Drum’n’Bass-Grooves geben die stilistische Basis vor. Das ist zeitgenössische Fusionmusik, der die Bläser mit verschiedenen Farben Jazzglanzlichter aufsetzen.

Renken ließ sein solistisches Können zum ersten Mal erst kurz vor der Pause aufblitzen. Mit strahlendem Ton und hoher Geläufigkeit bewies er sein Können. Seine Nähe zum Jazzrock der 1970er Jahre hörte man vor allem in einer der wenigen Balladen des Abends.

Niescier sprengte den stilistischen Rahmen am meisten, verließ in ihren Soli immer wieder die vorgegebene Harmonik. Ihre tonalen Ausflüge ins Freie blieben zwar rhythmisch gebunden. Dennoch stellte sie mit ihrem Spiel den weitesten Abstand zu den dichten Grooves von Wahl und Oeszevim her. Das war spannend.

Barnett spielt eine überdurchschnittlich wendige Posaune mit einem kraftvollen Sound, dem es trotzdem nicht an Wärme mangelt. Mit ihrem eigenen Quartett war sie erst vor kurzem auf Burg Linn zu hören, glänzte mit diesem durch kammermusikalisch luftige Arrangements. Aber Powerplay kann sie auch, wie man jetzt hören konnte. Wie alle Solisten von Tribe erspielte sich Barnett so manchen Szenenapplaus.

Es war ein fulminanter Auftritt einer kompakten, agilen, frei und lustvoll aufspielenden Truppe mit Musikern auf höchstem Niveau. Nur schade, dass die Band noch kein Album eingespielt hat. Aber wie Renken bei einer seiner lustigen Ansagen mit Ruhrpott-Charme verriet, ist das in Planung. Man darf gespannt sein.