Serie "Schlaglichter der Sammlung": Hühner vor Milchhimmel
Ende der 80er Jahre fotografierte Andreas Gursky Krefelder Federvieh. Heute ist er längst ein Weltstar der Kunstszene.
Krefeld. Die Hühner gehen ihrer Wege, nur ein Hahn schaut genau in die Kamera. Es gibt kein Entkommen vor seinem Blick. Der Betrachter ist sofort gefesselt von dieser Szene in einer blassen Landschaft: Kahle Bäume stehen vor einem milchigen Himmel, den Boden des Auslaufs haben die ständig scharrenden Vögel durchpflügt. Alles wirkt irgendwie trostlos — und doch tröstlich vertraut.
Andreas Gursky hat dieses Foto Ende der 1980er Jahre gemacht. Wo, verrät der Titel: „Krefeld, Hühner“. „Das Bild ist eines seiner Frühwerke“, sagt Thomas Janzen von den Krefelder Kunstmuseen. „Gezeigt wurde es bereits in seiner ersten Museums-Einzelausstellung, die im Haus Lange stattfand.“ Das war 1989.
Knapp 20 Jahre später kehrte Gursky mit einer großen Retrospektive in die beiden Mies-van-der-Rohe-Villen zurück. Er hatte sich in dieser Zeit zum Superstar der Kunstszene entwickelt und sich auch formal verändert: Seine Bilder sind größer geworden, sie haben monumentale Formate. Die Hühner dagegen haben nur 58,5 mal 76 Zentimeter Platz.
Außerdem nutzt Gursky mittlerweile die digitale Bildbearbeitung, sieht sich als eine Art Maler. Das Foto aus Krefeld aber ist analog und unberührt. Die meisten frühen Bilder nahm der Becher-Meisterschüler, der in Düsseldorf lebt, im Rheinland und Ruhrgebiet auf. „Er hat mit Motiven aus seiner Heimat angefangen, mit dem, was ihm vertraut ist“, sagt Janzen. „Dann vergrößerte er nach und nach seinen Radius, heute arbeitet er auf der ganzen Welt. Und es scheint fast so, als wären Gurskys Formate mit seinem Horizont gewachsen.“
Trotz aller Unterschiede zu heutigen Werken ist „Krefeld, Hühner“ ein „typischer Gursky“: Es zeigt eine Gesamtperspektive, eine weitläufige Landschaft, doch auch viele Einzelheiten. „Und genau diese Symbiose aus Totale und Detail hat Gursky wahrscheinlich berühmt gemacht.“