Operngala Das Theater ist dem Wahnsinn nahe
Krefeld · Galaabend: Solisten liefern eindrucksvolle Momente aus der „verrückten Welt der Oper“.
Die Operbühne ist eine Welt der großen Gefühle. Liebe, Hass und auch der Wahnsinn finden hier auf musikalisch kunstvolle Weise Ausdruck. Die Facetten des Wahnsinns waren jetzt Thema eines ganzen Abends. Die traditionelle Operngala im Theater Krefeld widmete sich diesmal der „verrückten Welt der Oper“.
Auf der festlich mit Blumen und Kronleuchtern geschmückten Bühne begrüßte Generalintendant Michael Grosse das Publikum. Er führte mit knappen, pointierten Erläuterungen durch den Abend. „Die Oper an sich steht dem Wahnsinn nahe, im Laufe des Abends werden wir einigen dieser Ausnahmezuständen auf den Zahn fühlen“, so Grosse.
Ehemalige Ensemble-Mitglieder kehrten zurück auf die Bühne
Mit großer Freude kündigte er zwei besondere Gäste an: die ehemaligen Ensemblemitglieder Dara Hobbs und Michael Kupfer-Radecky. Die Sopranistin und der Bariton haben von Krefeld aus internationale Karrieren gestartet und bereicherten jetzt mit prägnanten Auftritten die Gala.
Die Rolle der Lisa in Peter Tschaikowskys „Pique Dame“ hatte Dara Hobbs bereits vor einigen Jahren in Krefeld gesungen. Die dramatische Arie der Lisa und die daran anschließende Szene mit Kairschan Scholdybajew als Hermann gestaltete sie erneut mitreißend. Bei ihrem zweiten Auftritt sorgte sie, von den Niederrheinischen Sinfonikern unter Generalmusikdirektor Mihkel Kütson traumhaft begleitet, mit Isoldes Liebestod „Mild und leise“ für einen magischen Moment. Die rauschhafte Wirkung von Wagners Musik, vor der Grosse zuvor humorvoll gewarnt hatte, wurde hier spürbar.
Als Hans Sachs in Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ ist Michael Kupfer-Radecky zuletzt in Mailand, Paris und Melbourne aufgetreten. Mit dem „Wahn-Monolog“ bekam das Krefelder Publikum wenigsten einen kleinen Einblick in seine wunderbare Interpretation dieser Figur. Mit seiner großen Bühnenpräsenz und kraftvollen Stimme beeindruckte der Sänger auch mit der Arie des Macbeth aus Giuseppe Verdis gleichnamiger Oper. Um diese glanzvollen Programmpunkte gruppierten sich weitere niveauvolle Auftritte des hauseigenen Ensembles.
Allen voran begeisterte Sophie Witte mit der berühmten Wahnsinnsarie der Lucia di Lammermoor aus Gaetano Donizettis gleichnamiger Oper. Die Sopranistin, die bereits als Ophelia in „Hamlet“ mit einer gesanglich Grenzen überschreitenden Wahnsinnszene beeindruckte, brillierte auch hier mit makellosen Koloraturen und Spitzentönen. Wahnhafte Züge kennzeichnen die Liebe Don Josés zu Carmen. Die für sie tödlich endende Schlussszene der Oper verkörperten Eva Maria Günschmann und David Esteban sehr packend.
Rasende Eifersucht plagt auch die Figur des Ford in Verdis „Falstaff“, der Rafael Bruck entsprechenden Ausdruck verlieh. Ebenso überzeugte Matthias Wippich mit noblem Ton als verwirrter Assur in Gioacchino Rossinis Oper „Semiramis“. Rossini ist auch der Meister des komischen Irrsinns, der sich auch musikalisch in kunstvoll übersteigerten Ensembles ausdrückt. Gleich sieben Sänger verleihen im Finale des zweiten Akts der „Italienerin in Algier“ ihrer kompletten Verwirrung Ausdruck.
In diesem Bravourstück glänzten neben Bruck, Wippich und Stefanie Kunschke auch die Mitglieder des Opernstudios: Panagiota Sofroniadou, Valerie Eickhoff, Woongyi Lee und Alexander Kalina. Von ihnen hätte man sich an dem Abend noch mehr gewünscht.
Die von allen gemeinsam gestaltete Zugabe mit dem populären Volkslied „Funiculi, funiculà“ setzte einen beschwingten Schlusspunkt. Mit begeistertem Applaus bedankte sich das Publikum bei Sängern, Chor und Orchester für einen „wahnsinnig“ schönen Abend.