Kunst Team der Kunstmuseen stellt Jahresprogramm vor

Krefeld · 2020 erwartet den Besucher des Kaiser-Wilhelm-Museums und der Häuser Esters und Lange neben einer großen Enzo-Mari-Retrospektive ein durchaus buntes Angebot. Dabei steht die künstlerische Auseinandersetzung mit den Häusern und der Sammlung selbst immer wieder im Mittelpunkt.

Die Kunstmuseen Krefeld stellten ihr Jahresprogramm 2020 vor. Katia Baudin, Direktorin der Kunstmuseen (v.r.), Sammlungskustodin Magdalena Holzhey, Kunstvermittler Thomas Janzen, wissenschaftliche Referentin Constanze Zawadzky und die stellvertretende Leiterin Sylvia Martin im Treppenhaus des KWM.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Auch im diesjährigen Programm der Kunstmuseen Krefeld findet sich immer wieder emphatisch die Auseinandersetzung mit sich selbst. Mit der Historie, der Aura und nicht zuletzt einzelnen fokussierten Aspekten sowohl des Kaiser-Wilhelm-Museums als auch der Häuser Esters und Lange. Mal ist der Selbstbezug nur ein mittelbarer, mal ein dialogischer, mal ganz explizit im Thema der Ausstellung verankert, mal reflektiert man über Teilaspekte der Sammlung des Hauses, mal garniert man eine internationale Schau, wie etwa zu Enzo Mari, mit Bezügen zum eigenen Haus. Diese – gleichsam dialektische – Geste der Reflexion von weitgefasstem Kunstblick auf das Internationale und zugleich Introspektive, ist vielleicht keine exklusive Spezialität der Kunstmuseen Krefeld, doch auch durch die besondere Eigenheit der in ihr vereinigten Museen schon ein markantes Merkmal der Krefelder Museen.

Museumsleiterin Katia Baudin hat nun gemeinsam mit ihrem Team die Pläne für 2020 vorgestellt und wir können uns neben sehr beachtlichen Kleinodien auch durchaus auf so manche größere Überraschung freuen. Nicht zuletzt auf die Ankündigung, die Sammlungs-Etage des Kaiser-Wilhelm-Museums mit einem zukunftssicheren und vor allem auch für die Museumspädagogik ansprechenden Konzept erlebbar zu machen.

Wir haben die Ausstellungen und Projekte chronologisch zusammengestellt und beleuchten die Ideen dahinter:

Zurzeit laufen noch die Ausstellungen „Folklore und Avantgarde“ – bis zum 23. Februar – und „Von Alber bis Zukunft. Auf den Spuren des Bauhauses“ – bis zum 26. April – im Kaiser-Wilhelm-Museum.

8. März bis 30. August 2020 Den Auftakt in die neue Saison macht Sharon Ya‘aris Ausstellung „The Romantic Trail and the Concrete House“. Der israelische Fotograf zeigt in Haus Esters seine erste Einzelausstellung in Deutschland, die sich, wenngleich seine Kunst sich oftmals mit Spuren der Moderne in Israel auseinandersetzt, auch in Dialog mit dem Haus Esters setzen wird. Die als Installation konzipierte Ausstellung bringt seine fotografische Arbeit, die Alltägliches, auch im Verfall, in der Transformation oder auch zufällig wirkendes in den Fokus rückt, aber auch immer die modernistische Architektursprache seiner Heimat im Blick hat, nach Krefeld. Ist seine Arbeit auch nicht emphatisch Architekturfotografie, sondern viel mehr eine Suche nach poetischen Momenten der Verwandlung und Wandlung zwischen urbanem Raum und Lebensraum, vielleicht auch zwischen Utopie einer modernen Stadt und Scheitern. Zeitgleich aber auch eine Betonplastik, die bis vor Kurzem noch auf einem Platz weilte, den der Künstler immer wieder aufsuchte, um den Wandel dieses Ortes zu dokumentieren. Jenes Werk wurde dort abgebaut und wird nun hier seine Ausstellung begleiten. Die Ausstellung wird kuratiert von Magdalena Holzhey.

8. März bis 2. August 2020 Zeitgleich zu der Ausstellung von Sharon Ya‘ari findet in Haus Lange die Ausstellung „Das Gedächtnis der Bilder“ statt, die wiederum eine Neubeleuchtung der Sammlung der Krefelder Kunstmuseen aus bestimmter Perspektive ist. Hier steht Kunst im Fokus, die sich mit geschichtlich aufgeladenen Ereignissen, Orten oder Ästhetiken befasst. Die Werke von um die 12 Künstlern hat Kuratorin Holzhey aus der Sammlung herausgesucht, die Umwälzungen um 1989 markieren und bis auf wenige Ausnahmen nach dem Ende des Kalten Krieges entstanden sind. Neben Werken beispielsweise von Richter, Schütte oder Jeff Wall, wird auch Käthe Kollwitzs frisch restaurierte Arbeit „Mutter mit zwei Kindern“ gezeigt. Sowohl diese Schau als auch die Ausstellung von Ya‘ari sollen miteinander gemeinsam in Dialog mit den Häusern, in denen sie gezeigt werden, treten.

26. April Ein besonderer Akzent für ein Museum ist der Sammlungssatellit Nr. 4 – in dieser Reihe sollen neue Blicke auf die Sammlung des Hauses geworfen werden. Denn hier trifft diesmal Literatur auf die Häuser Lange und Esters. Durch das Projekt, bei dem man die drei Schriftsteller Marion Brasch, Matias Faldbakken und Mark von Schlegell zu einer Art Residenz an die Häuser eingeladen hat, um sich von den ästhetischen wie vielleicht auch hermeneutischen Schwingungen der von Mies van der Rohe geschaffenen Zwillingsvillen zu widmen, transzendiert das Museum gewohnte Pfade. „Short Stories für Haus Lange Haus Esters“, das sind drei Kurzgeschichten die sich um die Häuser drehen, wird als Buch erscheinen und am 26. April um 11.30 Uhr mit einer Lesung der Autoren in den Villen vorgestellt. Kuratorinnen: Katia Baudin, Sylvia Martin, Magdalena Holzhey.

23. April bis 23. August Der 5. Sammlungssatellit widmet sich dem in Krefeld geborenen Ignacio Uriarte. Der 1972 geborene Künstler kehrt mit der Ausstellung „Den Zufall ordnen“ an das Kaiser-Wilhelm-Museum zurück – einem Ort, der ihn seit seiner Kindheit künstlerisch geprägt hat. So ist sein besonderer Blick auf die Sammlung des Museums. Aus seiner Perspektive, die durch seine eigene Arbeit gefärbt ist. Jene sei durch sein Interesse am Seriellen und der Ordnung geprägt, die ihren Ursprung in seinen, wie er selbst beschreibt, minimalistischen und geordneten Jugendjahren, haben. Seine Kunst ist auf spezielle Weise durch seine Lebensgeschichte geprägt; denn Uriarte arbeitete, bevor er Künstler wurde, in internationalen Unternehmen als studierter Betriebswirt. In seiner Kunst verwendet er ausschließlich Materialien und Methoden aus dem Bürokontext, heißt es in der Ausstellungsbeschreibung. Die von Constanze Zawadzky kuratierte Ausstellung verbindet ausgesuchte Exponate aus der Sammlung unter anderem von Katharina Fritsch, Adolf Luther, Gerhard Richter oder Rosemarie Trockel mit zwei neuen Werken von Uriarte selbst, die er für die Ausstellung entwickelt hat.

8. Oktober 2020 bis 28. Februar 2021 Die große Sonderausstellung dieses Jahres am Kaiser-Wilhelm-Museum widmet sich dem 1932 geborenen italienischen Künstler und Designer Enzo Mari. Die Retrospektive auf das Werk des Künstlers, dessen Arbeiten auch immer zwischen Kunst und Design changieren, ist die zweite Station einer von Hans Ulrich Obrist für die Triennale Milano kuratierten Schau. Für Krefeld wird die Ausstellung von Katia Baudin speziell für das Kaiser-Weilhelm-Museum adaptiert und um Exponate aus der eigenen Sammlung ergänzt. Hierbei ist bemerkenswert, dass schon in den 1960er Jahren das KWM zu den ersten deutschen Museen gehörte, die Werke von Enzo Mari erwarben und diese auch im ZERO-Kontext zeigten.

Die Ausstellung jetzt möchte zur Wiederentdeckung von Maris Werk, das immer noch aktuell sei, beitragen und wird die erste umfassende Schau in Deutschland sein. Enzo Mari positioniert sich selbst als Grenzgänger zwischen Kunst und Design mit Skulpturen, Möbeln, Alltagsgegenständen, Spielzeug und Buchgestaltung. Dabei ist aus Krefelder Perspektive besonders erwähnenswert, dass hier das Wechselspiel zwischen Kunst und Design in den Fokus gerückt wird – ein Moment, der perfekt zu der Perspektive des Hauses mit Blick auf das Erbe des Werkbunds und des Bauhauses passt. Mari – er war Kommunist, wie die Macher betonen – stehe und stand für ein engagiertes Design. So gibt es von ihm etwa Blaupausen von Möbeln, die für jedermann selbst herstellbar sein sollten. Zudem werden in Haus Lange zeitgenössische Künstler und Designer ihre Sicht auf Maris Schaffen reflektieren.

12. November 2020 bis 21. April 2021 Die KWM verfügt über eine extensive Lehr- und Vorbildsammlung. Das sind Abbildungen verschiedener Art, die Kunstwerke und Exponate aus der ganzen Welt zeigen und der Öffentlichkeit als Inspiration, als Vorlage oder auch schlicht zur Erbauung dienen sollten. Eine Sammlung an Reproduktionen, die der erste Direktor des KWM Friedrich Deneken um 1900 aufgebaut hatte und die damals im Lesesaal zugänglich waren. Solche Sammlungen kennt man eher von Hochschulen oder Lehranstalten anderer Art, indes weniger von Museen. Bei dem Sammlungssatellit Nummer 6 hat der Künstler Marcel Odenbach sich diesem Schatz angenommen. Der 1953 in Köln geborene Künstler gehört zu der ersten Generation in der deutschen Video-Kunst, schafft Videoarbeiten, Installationen und Collagen, für die er häufig vorhandenes Bildmaterial wie Zeitungsfotos, Dokumentarfilme oder dokumentarische Fotografie heranzieht. „Found footage“ ist hier das Schlagwort und in gewisser Weise kann die Lehr- und Vorbildersammlung des KWM auch als solche angesehen werden. Odenbach widmet sich diesem Material mit seinen ästhetischen Mitteln und wird auch den Raum bespielen, der dereinst der Lesesaal, war. Die von Sylvia Martin kuratierte Ausstellung ist wiederum auch eine Reflexion über das Haus selbst.

Neues Konzept für die Präsentation der Sammlung Ab dem 4. Juni zeigt sich die permanente Sammlung des KWM in einem neuen Format. Unter den Schlagworten „Sammlung in Bewegung. 15 Räume, 15 Geschichten“ möchte das Haus seine Schätze, einen Querschnitt durch die Sammlung, möglichst ansprechend präsentieren. Die Idee 15 Räume mit unterschiedlichen thematischen Fokuspunkten, die jeweils einen Aspekt, eine Geschichte, einen Kontext in Zusammenhang stellen. 15 Geschichten über Meisterwerke, kulturhistorische Hintergründe, Werkgruppen, über interdisziplinäre Zusammenhänge und zentrale Momente in der Geschichte der Kunstmuseen Krefeld, wie man erläutert. „Jeder Raum ist ein eigenes Erlebnis, eine eigene kleine Ausstellung.“ Da finden sich Themen wie etwa Skulptur und Fotografie um 1900, der Drove-Zyklus von Heinrich Nauen wird in Gänze gezeigt, es gibt Geschichten aus den 60ern, über Picasso oder auch des Biedermeier. Ein Raum widmet sich explizit der Provenienzforschung. Doch die von Sylvia Martin kuratierte Dauerausstellung soll zudem auch sich selbst immer wieder Raum für Raum ändern dürfen. Nach 2020 werden einzelne Räume mit neuen Themen bespielt. Ein Konzept, das einerseits an die Epochen-Räume alter Machart in traditionellen Museumskonzepten erinnert, diese Idee aber postmodern neu interpretiert. Augenmerk soll auch auf Aspekte wie die Bedürfnisse von Schulen und Co. gelegt werden.

Im zweiten Obergeschoss sind von April bis August zudem Künstlerräume und Gegenüberstellungen einzelner Künstler aus dem 21. Jahrhundert zu sehen. Hier liegt der Schwerpunkt auf Neuankäufen.

Die Kunstmuseen führen bekannte und umfangreiche Vermittlungs- und Bildungsformate, wie etwa auch den Kunstimpuls fort. Zudem legt man Wert auf eine moderne Kunstpädagogik. Hierzu passt, dass dieses Jahr Menschen bis 18 Jahren kostenfreien Eintritt genießen.

Alle Details und Infos rund um die Museen (Kaiser Wilhelm Museum, Joseph-Beuys-Platz und 1, Haus Lange Haus Esters, Wilhelmshofallee 91–97) finden sich online. Tel.: 02151 975580.