Krefeld Theater am Marienplatz: Quietschente und Klangschalen

Das Theater am Marienplatz in Fischeln startet in sein 40. Jahr mit einem hervorragenden Stück von Hausherr Pit Therre.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. So ganz auf das Feiern wollte Pit Therre dann doch nicht verzichten. 40 Jahre lang existiert das von ihm gegründete Theater am Marienplatz in Fischeln (Tam) nun schon, aber offiziell startete das Tam am Freitag nur mit einer (fast) normalen Premiere in die Spielzeit.

Inoffiziell gab es vorher allerdings eine Feier, zu der Therre mehr als 40 ehemalige und aktuelle „Tamilen“ eingeladen hatte, wie sich die Mitglieder des Tam-Ensembles nennen. Man blieb also erst einmal unter sich — und konnte sich dann mit weiteren Premierenbesuchern über einen fulminanten Saisonstart freuen.

Zum Start in die Jubiläumsspielzeit hat Therre selbst ein herrliches Stück kreiert. „Musikalische Laufbahnen“ nennt er sein Werk „für fünf Tamilen“, das sich als wunderbar vielfältiges, absurdes Klang-Geräusch-Theater erweist. Gereon Bründt, Stefan Hölker, Björn Kiehne, Stefan Otto-Bach und Alfred Pollmann führen Therres streng durchgeplante Komposition aus.

Der Begriff „Laufbahnen“ im Titel ist wörtlich zu nehmen. Sieben Laufwege, auf denen aber eher geschritten wird als gelaufen, ziehen sich nebeneinander durch den Bühnenraum. Die Bahnen bestehen aus Kunstgras, Schaumstoff, Styropor, Holz, Pappe und Knallfolie, die letzte Bahn kombiniert Abschnitte aus Sand und Steinen. Das Abschreiten selbst klingt also schon verschieden.

Hauptgeräuschquelle aber ist eine Sammlung aus gut 70 Kleininstrumenten und Alltagsgegenständen, die an Fuß und Kopf der Bahnen bereitliegen. Die Spieler nehmen sich, was vorgeschrieben ist, und beschreiten die Bahnen, mal allein oder in unterschiedlich starken Gruppen.

Manche Aktion erschöpft sich im bloßen Produzieren eines Geräuschs, andere Handlungen lassen auch Bilder oder gar szenische Miniaturen entstehen. Zwei Spieler bearbeiten etwa ihre Militärhelme gegenseitig mit Schlagzeugbesen — was für eine friedliche Kriegshandlung. Wenn ein Spieler ein Quietschentchen zwischen seinen Oberschenkeln zum Quietschen bringt, erzeugt das natürlich eine sehr komische Gangart.

Ein Spieler trägt eine Klangschale vor sich her, ein zweiter Spieler, der vor dem ersten rückwärts schreitet, schlägt diese mit einem Schlegel an, steckt diesen dann in den Mund des ersten Spielers, der wiederum mit zusammengekniffenen Lippen ein „Om“ skandiert. Auch diese Szene erzeugte — wie manche andere — Gekicher.

Hohe Lautstärken erzielten vier Apparaturen, mit denen man fünf Ratschen gleichzeitig aktivieren kann, Kinderspieluhren gehörten zu den leisesten Klangquellen. Auf jeden Fall sehr unangenehm klingt es, wenn eine Harke über Holz gezogen wird.

Therres Stück kombiniert in einer nie langweilig werdenden Stunde Klänge und Geräusche, absurde Szenen und kryptische Aktionen.

Im Premieren-Publikum herrschte mal Heiterkeit, dann wurde wieder andächtig gestaunt. Unberührt ließ das keinen, auch wenn die Performance handlungslos blieb. Unbedingt anschauen.