Theater holt Café Sarah ins Glasfoyer
Flüchtlinge und Publikum sollen sich begegnen. Geschichten der Geflohenen werden in „Kein schöner Land“ verarbeitet.
Krefeld. Ein deutscher Chor studiert Volkslieder in einem Gemeindehaus ein — die Tür geht auf und dort steht ein Flüchtling, der mitsingen möchte. Das ist die Anfangsszene des neuen Stücks „Kein schöner Land“, das am 28. Mai Premiere im Stadttheater feiert.
„Aus dieser Konstellation heraus entwickelt sich die Geschichte“, erklärt Schauspieldirektor Matthias Gehrt. Wie genau sie gehen wird, das weiß er selbst noch nicht. Zwei Autoren arbeiten momentan daran.
Matthias Gehrt, Schauspieldirektor
Hüseyin Michael Cirpici („Macbeth“) recherchiert, in dem er mit Flüchtlingen in Krefeld und Mönchengladbach spricht. Ihre Gründe für die Flucht werden in der neuen Inszenierung verarbeitet. Geschrieben wird das Stück von Lothar Kittstein aus Bonn. „Es wird erst knapp vor den Proben fertig sein“, sagt Gehrt. Das ist für das Team eine Herausforderung. Ein Grund dafür ist, dass Gehrt den Anspruch hat, aktuelle Ereignisse, so weit es möglich ist, mitaufzunehmen. „Deshalb ist es auch gut, dass wir den Namen so lange offen gelassen haben“, erklärt er.
Bei der Spielzeiteröffnung sollte das Stück noch „Lampedusa“ heißen und das Team um Regisseur Gehrt hatte darüber nachgedacht, dazu auch Flüchtlinge auf die Bühne zu holen. „Es wird keine Flüchtlinge auf der Bühne geben. Die Menschen sind oft traumatisiert und müssen das nicht auf der Bühne vor 500 Besuchern zum Besten geben“, erklärt Gehrt die Entscheidung.
Ihm geht es aber nicht nur darum, dass der Stoff die aktuelle Situation widerspiegelt, sondern auch darum, dass die aktuelle Situation im Theater fernab der Bühne spürbar wird. Dazu wird das Café Sarah bis zum Ende der Spielzeit montags ins Glasfoyer des Theaters einziehen. „Es soll einen Kontakt geben zwischen den Geflüchteten und dem Theaterpublikum“, erklärt Gehrt. Dazu sind ab Mai Extras geplant, die an den Montagen angeboten werden. Das werden unter anderem Filme oder Lesungen sein. Gehrt will aber nicht nur den Kontakt zwischen Publikum und Geflüchteten vereinfachen, er nimmt sich selbst und die Schauspieler nicht aus.
Flüchtlinge sollen eingeladen werden, sich die Proben anzuschauen. Jeder Termin startet mit einem gemeinsamen Frühstück. Außerdem wird es montags zur Zeit des Cafés keine Proben geben, damit auch die Schauspieler teilnehmen können.
Durch den Kontakt zu Joachim Watzlawik, der das Café Sarah ins Leben gerufen hat, gibt es auch arabische Übersetzer zu den Veranstaltungen. Eine Überlegung ist außerdem, das Stück arabisch zu übertiteln. „Zwischen 120 und 140 Besucher kommen an den Mittwochabenden ins Café Sarah, wir werden das auch zusätzlich weiterlaufen lassen“, erklärt Watzlawik. „Über Begegnungen kann man Bewusstsein erzielen“, erklärt er. Das finde er gerade nach den Ereignissen an Silvester in Köln wichtig. Bisher habe er in dem Jahr, in dem es das Café Sarah gibt, mit Anfeindungen noch keine Erfahrungen gemacht. Ob es den Flüchtlingen auch so ergangen ist, wird die Premiere zeigen.