Theater: Indianerleben jenseits aller Pocahontas-Idylle

Lehrreich und atmosphärisch: Das neue Stück im Theater Hintenlinks fasziniert Jugendliche.

Krefeld. Wer Theater macht, begibt sich auf eine Suche - die Möglichkeit des Scheiterns ist stets inbegriffen. Anuschka und Peter Gutowski sind so ehrlich, das zuzugeben. Ihr ehrgeiziges Indianerprojekt "Eine höhere Macht" hat sie an den Rand der Belastungsfähigkeit getrieben, finanziell, physisch und emotional. Gestern war Premiere im Theater Hintenlinks.

Irgendwo auf dem schwierigen Weg der vergangenen Monate muss Lena entstanden sein, die Hauptfigur. Sie schreibt ein Stück über die Indianer und muss sich dafür verhöhnen lassen. "DIE Indianer gibt es nicht", schallt es auf die Bühne. "Ich will dieses Stück aber unbedingt schreiben", entgegnet Lena trotzig. Anuschka Gutowski spielt das restlos überzeugend, sie hat es ja, gemeinsam mit ihrem Mann, selbst erlebt.

Im Stück hat sie einen seltsamen Helfer (Evelyn Arndt) an der Seite, eine Geistergestalt. Die hakt nach und rückt gerade, nimmt nichts für bare Münze, lässt Pocahontas-Idylle und Karl-May-Romantik keine Chance - es geht um nichts weniger als die Wahrheit. Beim ehrbaren Versuch, Pilgerväter, Mayflower, Sitting Bull und Little Big Horn zu entmystifizieren, sind die Macher nah dran am Scheitern, sie verheben sich an zu viel Stoff und kommen, statt zu spielen, ins Dozieren.

Doch immer wieder nimmt die Atmosphäre des Stücks gefangen: die weiße Mauer im Bühnenbild von Radovan Matijek, in die wie zur Mahnung ein Baumstumpf ragt, das oft schummrige Licht und vor allem die Masken, die Arndt selbst gestaltet hat und mit denen sie kunstvoll spielt. Je länger Lenas Suche dauert, je himmelschreiender das Unrecht wird, das die noblen Weißen den Indianern antun, umso intensiver wird das Stück - auch für die Jugendlichen im Publikum.

Spätestens als Lena das Schicksal indianischer Kinder in weißen Internaten schildert, ist die Brücke geschlagen. Krass, das könnte man selbst sein: Diese Erfahrung vermittelt kein Schulbuch. Mit Susan Devan Harness steht dann eine Frau Rede und Antwort, die ein solches Schicksal selbst erlebt hat. Näher dran geht nicht - die lange Suche hat sich gelohnt.

Karten für "Eine höhere Macht" gibt es erst wieder für 2011: Ruf 27318. Susan Devan Harness hält am Donnerstag, 19.30 Uhr, im Theater Hintenlinks, Ritterstraße 187, einen Vortrag über Assimilation.