Stück nach Ingmar Bergman „Szenen einer Ehe“ begeistert bei Premiere im Theater Krefeld

Die Inszenierung von Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“ hat am Sonntagabend Premiere gefeiert — und das Publikum begeistert.

Bruno Winzen als Johan und Esther Keil als Marianne überzeugten bei der Premiere von „Szenen einer Ehe“ im Theater Krefeld.

Foto: Matthias Stutte

Dieses Stück soll Ehen gerettet, aber auch einige zerstört haben. Dass Ingmar Bergmans Klassiker „Szenen einer Ehe“ Potenzial für beides hat, zeigte sich jetzt im Theater Krefeld. Schauspieldirektor Matthias Gehrt hat das Stück als packendes Kammerstück mit zwei wunderbaren Darstellern inszeniert. Esther Keil und Bruno Winzen brillieren als Ehepaar Marianne und Johan. Hinter der gut situierten bürgerlichen Fassade breitet sich lähmende Alltagsroutine aus, bis sich plötzlich Abgründe auftun und alles Bisherige in Frage stellen.

Bergman verarbeitete den Stoff in den 1970er-Jahren zunächst als mehrteilige Fernsehserie, die ein Straßenfeger wurde. Kurz darauf drehte er den berühmten Film mit Liv Ullman. Der schwedische Regisseur war damals bereits in fünfter Ehe verheiratet. Es verwundert nicht, dass in das Werk auch Autobiografisches eingeflossen ist.

Inszenierung bringt Stück aus
den 70ern in die Gegenwart

Die jetzt in Krefeld aufgeführte Bühnenfassung hat das Werk aus den 1970er-Jahren in die heutige Zeit geholt. Das beginnt bereits mit der geschmackvoll reduzierten Ausstattung (Bühne Gabriele Trinczek, Kostüme Petra Wilke). Ein weißer, nur nach vorne geöffneter Kubus nimmt die gesamte Bühnenbreite ein. Ein klinischer Raum, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Ein Teil der Wand ist mit Türen versehen, hinter denen sich die nötigen Requisiten verbergen: Kleiderschrank, Waschbecken, Tisch und Bett. All das können die Schauspieler mit wenigen Handgriffen hervorholen und wieder verschwinden lassen.

Im ersten Teil sind sie auch ständig damit beschäftigt entsprechend umzubauen, Kleider anzuziehen und wieder auszuziehen. Für den Zuschauer wirkt das fast etwas enervierend, es zeigt aber sehr gut die routinierten Abläufe des Alltags. Äußerlich läuft alles perfekt wie am Schnürchen. Doch bereits in der ersten Szene, als beide entspannt bei einem Glas Wein sitzen, werden feine Risse sichtbar. Während Johan sehr viel über ihr gemeinsames Leben und seine Qualitäten spricht, weiß Marianne nur ganz wenig dazu zu sagen: Ich bin mit dir verheiratet und wir haben zwei Kinder. Passend dazu ist auf der eingeblendeten Überschrift „Die Kunst des Unter-den-Teppich-Kehrens“ zu lesen. Diese Überschriften leiten jedes neue Kapitel des Dramas ein, begleitet von den Klängen barocker Musik.

Als die Überschrift „Paula“ lautet, wird sofort klar, was folgt. Johan hat eine Andere kennengelernt und eines Abends stellt er Marianne vor vollendete Tatsachen. Der Dozent will mit Paula, einer jungen Studentin, ein neues Leben beginnen. Doch der harte Schnitt, den er macht, bedeutet noch lange nicht das Ende seiner Beziehung zu Marianne. Vor allem im zweiten Teil des zweistündigen Abends kommt es bei verschiedenen Begegnungen der beiden zu einem ständigen Hin und Her. Motor ist eine nach wie vor bestehende erotische Anziehungskraft. Sie scheint, wo man die Routine des Ehealltags hinter sich gelassen hat, sogar stärker denn je zu sein.

Zugleich sucht jeder Stabilität in seinem neuen Leben. Vor allem Marianne macht eine Entwicklung zu einer eigenständigen Frau durch. Doch kurz bevor die Scheidung dann endlich vollzogen wird, eskaliert die Situation zu einer verbalen und körperlich verletzenden Schlammschlacht.

Schauspieler Winzen
und Keil faszinieren

Winzen und Keil überzeugen in diesen fast ans Groteske grenzenden Szenen ebenso wie in den stilleren Momenten. Auf faszinierende Art und Weise jonglieren sie mit dem Auf und Ab der Beziehung und tragen damit den Abend. Das Ende führt sie auch bildlich in ruhigere Fahrwasser. Der beklemmende weiße Raum verwandelt sich durch Projektion in eine Wasserlandschaft. Beide sitzen sich zwar weit entfernt gegenüber und können doch noch einmal in ruhigem Ton über ihre Ehe sprechen. Ganz sachlich bedanken sie sich dann für das Gespräch.

Fazit: Ein emotional packender und teilweise amüsanter Abend, bei dem jeder Eheerfahrene Bekanntes entdecken wird. Die Reaktionen des begeisterten Premierenpublikums ließen jedenfalls darauf schließen.