Till Brönner: Raffinierte Melodien in überschaubaren Formen
Der Jazz-Trompeter gastierte mit seinem Quintett in der Kulturfabrik.
Krefeld. In der Kulturfabrik war nur eine Jazzband angesagt — aber offenbar eine, die Publikum in einem Maße zieht, wie man das hier sonst nicht gewohnt ist. Das belegten am Samstagabend die vielen Autokennzeichen aus der Region vor und etwa 770 Besucher in der Halle an der Diessemer Straße. Natürlich lag das am Bandleader, an Trompeter-Star Till Brönner. Der bot seinem Publikum ein konventionelles, aber keineswegs anspruchsloses Programm.
Böse Zungen sagen dem Viersener nach, er habe seine Bekanntheit weniger seinem Musikerberuf als der Jurorentätigkeit für die Casting-Show „X Factor“ zu verdanken. Das ist nicht so. Brönner konnte schon vor seiner TV-Präsenz mehr Tonträger verkaufen als die meisten anderen Jazzmusiker hierzulande.
Ja, er sieht auch gut aus. Das dürfte für die TV-Leute nicht unerheblich gewesen sein — aber für den Jazzfan? Für den zählt: Brönner spielt tatsächlich gut Trompete und noch virtuoser Flügelhorn. Zweitens: Er verpackt seine solistischen Kunststückchen in Arrangements, die keinen künstlerischen Selbstzweck verfolgen.
Vier Mann begleiten Brönner, die Herren betreten in Anzug und mit Krawatte als erste die Bühne. Dann kommt der Chef. Zum konservativen Auftrittsritual gehört, dass er etwas legerer, also ohne Halsbinder erscheinen darf.
Brönner ist sparsam mit seinen Ansagen, nur zweimal gerät er ins Plaudern. Die Stücke sind dem Mainstream verpflichtet, ob sie nun dem Modern Jazz, dem Latin oder gemäßigter Fusion zuzuordnen sind. Die Formen bleiben überschaubar, die Soli stehen im Zentrum.
Pianist Jasper Soffers, Bassist Christian von Kaphengst und Schlagzeuger Wolfgang Haffner bilden eine routinierte Rhythmusgruppe, bei der sich keiner in den Vordergrund spielt und die guten Drive erzeugt. Mit Magnus Lindgren an Tenorsaxophon und Flöte steht ein zweiter Solist zur Verfügung, der Brönner das Wasser reichen kann, ohne dass dieser Angst haben müsste, von ihm überflügelt zu werden.
Alles gut also, trotz der Vorhersehbarkeit, in den flüssig improvisierten Melodielinien Brönners ist auch für den Kenner genügend Raffinesse enthalten. Mit seinem dünnen nasalen Stimmchen sollte er allerdings nicht singen. Der Trompeter Brönner sollte das dem Sänger Brönner mal sagen. Es waren drei oder vier Songs, bei denen der Abend dank Stimmeinsatz doch zu sehr ins Seichte geriet. Das tat der Begeisterung keinen Abbruch: das Konzert endete mit zwei Zugaben.