VHS-Lesekreis: Bei Dante die ganze Welt

Hans Bungarten gab die „Lectura Dantis“ an Ulrich Ross weiter.

Krefeld. Die Liebe zur italienischen Literatur, Reisen in die Toskana oder ein berühmter Onkel, der einst die Dante-Gesellschaft nach Krefeld holte: Alles Gründe, sich der Lektüre des großen italienischen Dichters Dante Alighieri zu widmen. Jedenfalls für den vertrauten Kreis um Hans Bungarten.

Der einstige Direktor der Marienschule hat Jahrzehnte lang an der VHS die "Lectura Dantis" geleitet. Dabei ging es immer um das Hauptwerk aus dem Mittelalter, die "Divina Comedia". Die "Göttliche Komödie" berichtet in 99 Gesängen von einer Reise in die jenseitige Welt. Durch Hölle und Fegefeuer ins Paradies. Doch beschreibt Dante (1265-1321) nicht allein, wie er sich jene Welten vorstellt. Er bezieht sich auf die Geschichte, kritisiert kirchliche und politische Mißstände seiner Zeit. Und er fasst die Sprache neu. Sein "volgare illustre" wird zur italienischen Schriftsprache; die "Comedia" gilt nach wie vor als Hauptwerk der italienischen Literatur, angefüllt mit profunden Kenntnissen von Philosophie und Physik, Astronomie und Geschichte. Diese Zusammenhänge verständlich zu machen, war die Aufgabe von Hans Bungarten.

Zu Beginn einer jeden Lektüre liest man den Text, dann wird Vers für Vers diskutiert und erläutert und am Ende auf Italienisch vorgetragen. Seit 1986 tut Bungarten das, fünfmal in jedem Semester. Nun aber befand er, dass es genug sei. Zweimal hat er das Werk durchgearbeitet, einige Getreue sind immer noch dabei, neue hinzugekommen. Schon länger dabei ist Ulrich Ross, Neffe von Werner Ross. Der bekannte Romanist aus Uerdingen war Bungartens berühmter Lehrer und Freund. Ulrich Ross ist Lehrer für Französisch und Englisch, beherrscht das Italienische und kann auch so orchideenhafte Dinge wie Provenzalisch. Er wird nun die "Lectura Dantis" übernehmen. Schon jetzt trägt er historische Details bei: "Geschichte macht vieles erst verständlich."

Bungartens letzte Dante-Stunde war übrigens eine ganz besondere: Er hatte den Kreis zu Brot und Wein nach Hause geladen. Nach getaner Arbeit setzte man sich an eine italienisch gedeckte Tafel und genoss weitere Leckereien. "Das", meinte Bungarten später, "hätte ich eigentlich nach jedem Semester machen können." So bleibt dieser Abend mit vielen "Wissen Sie noch?", ein bisschen Wehmut und einem Ausblick auf neue Zeiten doch allen in besonderer Erinnerung.

Man dachte auch an den berühmten Onkel einer Teilnehmerin: an Friedrich Schlüter, Direktor der Stadtbibliothek. Er fuhr in der Nachkriegszeit mit der Eisenbahn nach Krefeld und kam ins Gespräch mit einem Mitreisenden, Prof. Walter Goetz von der Dante-Gesellschaft aus Leipzig. Der beklagte die politischen Verhältnisse. "Dann kommen Sie doch nach Krefeld", lud Schlüter ihn ein. So wurde Krefeld zum Sitz der Gesellschaft; Geschäftsführerin ist Ingeborg Caesar. Die Dante-Gesellschaft tagt vom 7. bis 9. Oktober wieder in Krefeld.