Vor 70 Jahren: Nazis räumten das Museum aus
Delegation beschlagnahmte Bilder vor allem expressionistischer Künstler. Fast hundert Kunstwerke gingen dabei verloren.
Krefeld. Wie ein Rollkommando in einem schlechten Film tauchte vor 70 Jahren, am Morgen des 6. Juni 1937, eine Kommission im Kaiser-Wilhelm-Museum auf, revidierte die Sammlungsbestände und beschlagnahmte sechs Ölgemälde und acht Grafiken. Das war der Auftakt zum Bildersturm der Nazis, der sechs Wochen später in München zu der Ausstellung "Entartete Kunst" führte und in der Folge im Verlust von 98 Kunstwerken aus der Sammlung des Hauses am Karlsplatz gipfelte.
Im übrigen waren auch Krefelder Künstler - etwa Helmuth Macke, Fritz Huhnen, Rudolf Perpeet - betroffen. Später gab Perpeet, der über die Vorgänge in dieser Zeit genau Bescheid wusste und aus der Erinnerung heraus selbst eine umfangreiche Verlustliste der Nazi-Kunsträuber zusammengetragen hatte, einmal zu, dass er sich als damals Betroffener besonders geehrt fühlte.
Fotos aus der berüchtigten Münchner Schau zeigen übrigens Emil Noldes Bild "Kuhmelken" und Rottluffs "Am Abend". Zwei Kunstwerke nur kamen nach dem Krieg wieder in die Sammlung zurück, einmal das Nolde-Bild, das der aus Krefeld gebürtige Baseler Fabrikant Doetsch-Benziger 1939 in Luzern für 2000 Franken ersteigert hatte und 1948 dem Museum zurückschenkte, und Campendonks "Pierrot mit Sonnenblume", das Paul Wember 1951 aus dem Kunsthandel zurückkaufte und das derzeit in der Campendonk-Schau am Karlsplatz zu sehen ist. Auf dieses Gemälde versucht derzeit ein international tätiges Anwaltsbüro im Rahmen von Restitutionsforderungen eine Hand zu legen.
Von der Expressionismus-Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Museums ist wenig geblieben, etwa Lehmbrucks berühmter "Weiblicher Torso". Den Erlös aus dem Verkauf "entarteter" Kunst in der Schweiz sollten übrigens die 25 betroffenen Museen zurück er
halten. Lächerliche 2680 Reichsmark wurden kassiert. Dass das Geld aber überwiesen wurde, darf angezweifelt werden.