Wertvolle Zeichnungen auf Seiten des Telefonbuchs
Andrzej Swierczynski lebt in Krefeld und liebt die Kunst. Um seine Kreativität auszudrücken, zeichnet er unter anderem in Telefonbücher.
Krefeld. Man traut sich kaum, die dünnen Seiten des Telefonbuchs umzublättern. Viel zu wertvoll ist das Papier, auf dem längst nicht mehr nur tausende von Namen und Nummern geschrieben stehen: Gesichter, bunte Tiere oder abstrakte Gebilde zieren die unzähligen Seiten. Sie sind das Werk des Krefelder Künstlers Andrzej Swierczynski.
Die Zeichnungen, mal wild und bunt, mal präzise und kritisch, lassen erahnen, wie es in dem kreativen Kopf des gebürtigen Kattowitzers aussieht: „Es ist meine tägliche Beschäftigung und Ausdruck meiner Stimmung. Ich male eigentlich den ganzen Tag“, sagt er.
An der Kunstakademie in Krakau hat er 1982 sein Diplom in Malerei, Grafik und Buch-Illustration gemacht. Doch in Polen wollte er nicht für immer bleiben: „Man sucht nach Möglichkeiten. Ich wollte nach Frankreich, nach Amerika und bin dann um 1986 in Deutschland gelandet.“
Seit Dezember ’95 ist er in Krefeld, hat sein Atelier mittlerweile an der Oelschlägerstraße. Hier ist er jeden Tag und bringt sein Innerstes auf Papier. Doch nicht nur hier, eigentlich immer hat er Ideen, die er künstlerisch darstellt, sogar morgens beim Frühstück.
Früher hat er ganz gewöhnliche Skizzenbücher bemalt. Die Idee, Telefonbücher zu bemalen, kam im Jahr 2000. Das erste Buch stammt aus Paris, wo Swierczynski viele Freunde hat: „Ich war fasziniert vom Papier. Im Prinzip sind das graue Reihen von Namen. Das Papier fordert mich.“
Drei Telefonbücher gibt es bereits: „Das aus Paris, aus Madrid und eins aus L.A., das aber schon komplett voll ist. Die Bücher sind ein bisschen wie Tagebücher, alles was mich beschäftigt, fließt mit ein, Fetzen von Worten und Gedanken.“ Blättert man in den Büchern öffnet sich eine Welt, die bunt und außergewöhnlich ist, ganz so, wie man sich die Welt eines Künstlers vorstellt. Doch Künstler zu sein ist nicht immer leicht: „Malerei ist eine schöne Sache, aber eigentlich ist sie purer Luxus.“
Wenn man Swierczynski erzählen hört, scheint es, als wäre er in der falschen Zeit geboren: „Die Leute verstehen Kunst nicht mehr. Sie vertiefen sich nicht in sie. Früher haben Bilder Menschen tief berührt. Heute interessieren sich nur wenig Menschen für Kunst.“ Damals sei man in Museen gegangen, um etwas besonderes zu erleben. Aber durch die Smartphones sei alles im Überfluss vorhanden. „Man nimmt die einzelnen Werke gar nicht mehr richtig wahr. Kunst ist Kunst und alles andere ist alles andere“, steht auf einer Seite geschrieben.
Kunst ist ein Prozess, den man nicht planen kann. Darum hält er auch nichts davon, Kunst auf Bestellung zu schaffen: „Was ich mache, ist ja sozusagen meine Seele. Entweder es gefällt, oder nicht.“
Neben seinen Büchern malt und zeichnet er auch große Bilder auf Leinwänden. Er verwendet Acrylfarben, Ölfarben, Tempera oder Kreide: „Ich verwende alle zur Verfügung stehenden Materialien. Ich kann auch mit einem Stock und schmutzigem Wasser malen. Eigentlich nutze ich alles, was Spuren hinterlässt.“