Kresch-Theater Zwischen Comics und Krebs
Krefeld · Das Kresch-Theater behandelt in „Superhero“ nach dem Roman von Anthony McCarten die Themen Krankheit und Tod, gepaart mit unbändigem Lebenswillen des Protagonisten Donald. Premiere ist am 13. September.
Wenn Kinder oder Jugendliche an Krebs erkranken, gerät die Welt der Familien in einen Zustand, der vergleichbar ist mit einem vom Zugwind eines schlagartig geöffneten Fensters in Schieflage geratenem Mobile. Das sich harmonisch auspendelnde Gleichgewicht der Beziehungen innerhalb der Familie wird durcheinandergebracht. Selbstverständliches stellt sich in Frage, anderes wiederum wird plötzlich selbstverständlich. So ähnlich – natürlich hier massiv vereinfacht – subsumiert Barbara Stüben von der Kinderklinik Krefeld ihren Bericht von der Realität und dem Alltag von Familien mit an Krebs erkrankten Kindern. Sie wurde vom Kresch-Theater eingeladen, um der schauspielerischen Beschäftigung mit diesem vielschichtigen und oft schwer verdaulichen Thema einen aus der Wirklichkeit gespeisten Akzent zu verleihen.
Das Stück richtet sich an ein Publikum ab 14 Jahre
Anlass ist die bevorstehende Premiere von „Superhero“ nach dem Roman von Anthony McCarten, in dem die Geschichte des 14-jährigen Donald erzählt wird. Eigentlich ein ganz normaler Junge, indes ein begnadeter Comiczeichner, der vieles im Kopf hat, nicht zuletzt wie die meisten Altersgenossen auch das Thema Liebe oder auch Sex – so die Grundannahme des Plots. Doch Donald ist an Leukämie erkrankt – ein Faktor, ein Umstand, ein Katalysator, der der Romanadaption einen außergewöhnlichen Einschlag verleihen wird. Denn Donald möchte keine Sekunde verpassen, sein Leben bekommt ein Tempo, eine Energie; er setzt sich als Ziel, bloß nicht als Jungfrau sterben zu müssen. Ein Leben im Zeitraffer.
Das Thema ist komplex und Krankheit und Tod sind gerne tabuisierte Themen, man möchte die Ängste, seien sie begründet oder nur eine düstere Sorge, möglichst ausblenden, möglichst die Augen verschließen. Doch sind Krebserkrankungen Realität und wirbeln das Leben der Betroffenen auf für Außenstehende oft kaum nachvollziehbare Weise durcheinander.
„Superhero“ in der Regie von René Linke möchte aber nicht nur ein düsteres Memento-Mori-Bild zeichnen und das Publikum möglichst eindrücklich mit dem Thema Vergänglichkeit und Leid konfrontieren. Vielmehr geht es auch darum, wie Menschen mit ihrem Zustand umzugehen lernen, ein Ringen mit dem Unfassbaren, dabei aber die Leichtigkeit, den Lebensdurst, die Kraft der Auflehnung gegen das eigene Schicksal auch wirksam und sensibel darzustellen. Hierzu hat das Theater sich vier Schauspieler geholt, die sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben.
Sefa Küskü als Donald, Christina Wiesemann, Harun Ciftci und Kim Sophie Scheele werden vom Team um Linke in eine von „Verdopplungen“ durchdrungene Welt gesetzt – so liest es sich in der Ankündigung. Diese Verdopplung manifestiert sich in den Comics, die die Welt Donalds spiegeln. Und natürlich spiegelt Theater selbst immer nur eine konstruierte Kondensation von einer idealisierten Realität – sei diese in düster negativen oder auch hell leuchtenden Farben gezeichnet.
Doch gerade die Doppelfarbigkeit zwischen Düsternis im Leid und bunter jugendlicher Kraft und einem Lachen, einem Lachen als Gegenwehr vielleicht, könnte „Superhero“ den Stoff geben, um junge Menschen auf eine zugängliche Weise mit der Thematik zu konfrontieren oder besser, sie zum Nachdenken anzuregen.
Wie die Leiterin des Theaters Isolde Wabra betont, sei es durchaus ein Statement – vielleicht sogar mutig – die Spielzeit mit einem solchen Stück zu starten; doch ist nicht gerade das die genuine Aufgabe von Theater? Menschen, jungen Menschen, anzubieten sich kathartisch – also durch Mitfühlen und Mitleiden zur Entwicklung verhelfend – mit auch schwierigen Themen zu befassen. Durch die Comics, die eine zentrale Rolle spielen dürften, ist der niederschwellige Zugang zur auf der Bühne gestalteten Welt schon einmal weniger problembehaftet, als wolle man Jugendlichen durch einen übergestülpten pädagogischen Impuls eine Auseinandersetzung mit möglichen Krankheiten und Schicksalen als Lebenslehre aufzwingen. Denn so zentral es für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sein mag, sich auch mit Leid, Tod und Krankheit zu befassen, so sensibel muss das angegangen werden. Man darf gespannt sein, welche Wirkung „Superhero“ schließlich entfalten wird.
Die Bühnenfassung des McCarten-Romans von Christian Schönfelder und Frank Hörner feiert am Freitag, 13. September, am Kresch-Theater (Virchowstraße) um 19 Uhr Premiere. Empfohlen ist „Superhero“, das an der Studiobühne 1 gezeigt wird, für Jugendliche ab 14 Jahren bzw. für Schüler ab der 9. Klasse. Das Stück dauert 75 Minuten.