Leben im Denkmal: Die Lehmbauer vom Spickerhof
Das Ehepaar Karvanpour hat viel Arbeit in das Gebäude von 1648 gesteckt.
Krefeld-Oppum. Das ehemals unscheinbare weiß-verputzte Siedlerhäuschen an Oppums Hauptstraße ist nicht wiederzuerkennen. Es hat sich in einen denkmalgeschützten Hof von 1648 mit gut erhaltenem Fachwerk zurückverwandelt. Heute, nach zwei Jahren harter Arbeit, besitzen Mansour und Bettina Karvanpour mit dem in alten Urkunden erwähnten Spickerhof ein wahres Schmuckstück. Denkmalschützer und Museumsleiter gaben sich in der Renovierungszeit dort die Klinke in die Hand und rissen ihre Forscheraugen weit auf.
Die Sanierung ist zwar immer noch nicht ganz beendet, das Haus aber bereits gut bewohnbar. "Geduld ist bei der Arbeit angesagt", sagt der Hausherr im lichtdurchfluteten Wohnzimmer. "Fast täglich haben wir etwas Neues in unserem Haus entdeckt", erinnert er sich.
Mehrere Schichten Klinker, Putz, Holzpaneele und Tapeten hielten jahrhundertelang dicht. Als sie beseitigt wurden, gaben sie nach und nach ein Kleinod frei. Mit jeder Lage, die das Paar bei der Sanierung abschälte, wurde es spannender, was darunter wohl auftauchen würde. Die größte Überraschung bildete neben dem Haus in seiner Gesamtheit der uralte offene Backofen im früheren Wohn-Stall-Haus.
"Es ist gut, dass wir nicht alles gewusst haben, was auf uns zu kommt", sagen die Besitzer. "Wir würden es nicht noch einmal machen. Es gab so viel Arbeit, manchmal haben wir nur vier Stunden geschlafen. Aber die Mühe hat sich gelohnt." Vor allem in jüngster Zeit haben sie zügiger gearbeitet, denn die sehnlichst erwartete Tochter soll in diesen Tagen auf die Welt kommen.
Mansour Karvanpour ist mittlerweile Experte in herkömmlicher Bauweise und in Denkmalpflege topfit. "Den Backofen neben der alten offenen Feuerstelle habe ich mit Lehm beschichtet, der aus diesem Haus stammt." Die Kölner Zimmerdecken wurden mit Weidengeflecht, Lehm und Kalk restauriert. "Die Wände konnte ich mit 2,5 Tonnen eines Lehm-Stroh-Gemischs bestreichen, das es glücklicherweise im Baumarkt gibt."
Dabei hatte er eine tolle Idee. Er sparte an einigen wenigen Stellen die frühere Wandbekleidung in Form der alten Tapete oder der abbröckelnden Wände aus. Sie sollen als mahnendes, aber gut aussehendes Zeichen hinter Plexiglas weiterhin Ewigkeitswert haben. "Einige Stellen haben wir auch im Urzustand gelassen. Es ist gut, wenn das Haus selbst redet."
Heute kennt er fast jeden Stein im Haus. "Viele der uralten Klinker wurden herausgebrochen, abgeklopft und wieder verwendet. Ein Hingucker sind auch die massiven Edelstahlwürfel der Neuzeit. Sie stützen die alten tragenden Eichenbalken des Gebäudes.
"Das Haus hat sich im Laufe der Jahrhunderte um 60 Zentimeter geneigt. Das müssen wir stoppen. Da die Balken am unteren Ende morsch waren, kamen die Würfel zum Tragen", erklärt die junge Mutter mit einem Lächeln auf die ungläubigen Blicke. "Das hält." Gleichzeitig loben sie auch die Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden, mit Architekt Martin Breidenbach und Zimmermann Ulrich Derichs, beide aus Viersen.
Zwei Zimmer im Erdgeschoss sind noch im Rohbau. "Dort werden wir die Schreibtische für unser Online-Reisebüro ,willst-du-weg.de’ hinstellen", sagt der gebürtige Iraner mit einem Schmunzeln. "Sie befinden sich noch im kommenden Kinderzimmer." Auch die alte Siedlerhäuschen-Haustür ist noch nicht ausgetauscht. Da suchen Mansour und Bettina Karvanpour noch eine alte, die dann zu ihrem Schmuckstück passt.