Der Mann, der Allianzen schmiedet
Dieter Hofmann leitet seit 2011 den Stadtsportbund. Am Samstag wird er 75. Doch der Ruhestand ist für ihn noch kein Thema.
Herr Hofmann, Sie werden am Samstag 75 Jahre und im Sommer steigt Borussia Dortmund vielleicht ab. Was ist schlimmer?
Dieter Hofmann: In dem Fall — ein möglicher Abstieg des BVB.
Wie sind Sie BVB-Fan geworden?
Hofmann: 1962 gab es ein Spiel gegen Mannheim, seit dieser Zeit bin ich BVB-Fan.
Moderiert Trainer Jürgen Klopp die Krise souverän?
Hofmann: Er bekommt das hin. Er wird selbst kein Problem damit haben, auch nein zu Dortmund zu sagen, wenn es nicht mehr weitergeht.
75 Jahre ist eine stolze Zahl, alles was sie angefangen haben im Leben wehrte fast eine Ewigkeit — 45 Jahre waren Sie bei der Bayer AG beschäftigt, 46 Jahre verheiratet. 25 Jahre Triathlon-Abteilungsleiter beim SC Bayer Uerdingen. Woher kommt diese Ausdauer und Beharrlichkeit?
Hofmann: Man könnte sagen, der Wassermann ist so — konstant, vielleicht auch konservativ. Es hat sich im Beruf nicht ergeben. Bei Bayer war ich gut versorgt, hatte Möglichkeiten mich zu entwickeln. Aus meiner Neigung zum Laufen ergab sich die Chance auf Triathlon, als er populärer wurde. Was ich anfange, mache ich weiter. Mir hat einmal eine Malerin ein Bild geschenkt und daruntergeschrieben: Ich wünsche ihnen einen komparativen Impetus zur Bewältigung des Lebens. Das musste ich auch erst mal nachschauen, trifft aber auf mich zu: Der Impuls, immer was tun zu wollen, ist da, und dabei dann bitte auch mal nach rechts und links zu schauen.
Ist so auch die späte Wahl an die Spitze des SSB erklärbar. Brauchten sie nach dem Tod ihrer Frau Irene eine neue Heuausforderung. Sie waren immerhin schon 71 Jahre alt.
Hofmann: Ich hätte durchaus Schluss machen können. Ich habe immer versucht, etwas voranzubringen, und hatte Glück, immer Begleiter auf diesem Weg zu haben. Das war auch so, als ich Präsident des NRW-Triathlonverbandes war. Nach dem Tod meiner Frau bin ich zurückgetreten vom Amt, habe ein Jahr überhaupt nichts gemacht, bin richtig in ein Loch gefallen. Für mich war klar, dass ich Schluss mache. Bis Siegfried Thomaßen, Sparkassen-Vorstand, mich angesprochen und geworben hat. Er kannte mich vom Triathlon am Elfrather See, war der Meinung, dass ich organisieren kann. Nach seiner dritten Anfrage habe ich dann gesagt: Ja, kann ich mir vorstellen.
Und was macht ein SSB-Vorsitzender den lieben langen Tag?
Hofmann: Netzwerke bilden ist das A und O, Kontakte machen, Termine wahrnehmen. Und Programme, die wir auflegen, vorantreiben — und das alles so, dass der Sport eine höhere Wertigkeit in der Stadt erhält. Die Politikfähigkeit des Sport steigern. Immerhin sind rund 70 000 Krefelder in Vereinen aktiv.
Welchen Einfluss hat der SSB-Chef denn auf den Sport in Krefeld?
Hofmann: Vor allem mit Bedacht überlegen und Entscheidungen vorbereiten. Man kann nichts machen, wenn man die Leute nicht mit einbezieht. Das beste Beispiel ist jetzt die Diskussion ums Seidenwerberhaus. Die Menschen müssen erfahren, dass sie mitgenommen werden. Wir brauchen eine Form von Verbindlichkeit, weil einen direkten Einfluss auf den Sport hat der SSB-Chef nicht.
Wie organisieren Sie denn, mehr Einfluss auf Entscheidung zu nehmen?
Hofmann: Wir haben konkret Interviews geführt mit 30 maßgeblichen Menschen, auch dem Oberbürgermeister und gefragt: Wie soll der Sport in Krefeld aussehen? Die Ergebnisse liegen nach eineinhalb Jahren weiterer Arbeit nun vor, sind in der letzten Sitzung im Sportausschuss vorgestellt worden. Jetzt geht es an deren Umsetzung.
Das alles ist entwickelt als Krefelder Sportdialog.
Hofmann: Ja, durch den Sportdialog erhält der Sport einen anderen Stellenwert in der Stadt. Die Industrie ist auch mit im Boot. Es geht um zentrale Merkmale: Kooperationen über Sport im Ganztag, Gespräche mit Schulamt, Schulaufsicht, Arbeitsagentur. Wir haben z. B. ein Sportgymnasium gesucht — gefördert mit Mitteln vom Land NRW. Das geht jetzt nach Mönchengladbach. Die Gymnasien Moltke, Fabritianum, Stadtpark und Fischeln — alle waren der Idee wohlwollend gegenüber eingestellt. Aber es ist letztlich nicht positiv entschieden worden.
In Zeiten knapper Kasse muss auch der Sport Abstriche machen. Was ist für Sie verhandelbar, was nicht?
Hofmann: Man muss durchaus daran denken, bestimmte Bezirkssportanlagen zu schließen. Mit dem Verkauf des Geländes an Investoren kommt Geld herein, das man verwenden kann, um zentralere Anlagen zu bauen. In Essen z. b. ist das vorbildlich gelungen. In Bezug auf die Grotenburg ist das ja auch schon diskutiert worden.
Die Vereine verlieren Mitglieder, das veränderte Freizeitverhalten ist nur ein Grund. Wie müssen die Clubs diesem Trend begegnen?
Hofmann: Zum einen verlieren die klassischen Wettkampfsportarten an Attraktivität. Zusehends weniger Kinder und Jugendliche treiben Sport — gegenüber dem Jahr 2000 waren es 2013 zehn Prozent. Noch größer ist der Rückgang im Alter von 27 bis 40 Jahren. Da sind es 45 Prozent, also fast die Hälfte. Die Vereine müssen versuchen, über den Breitensport neue Mitglieder zu gewinnen und über den Gesundheitssport. Die Vereine, die diese Veränderung mitgehen, haben eine bessere Prognose.