Naturwissenschaften Mathe ist für viele Studenten ein Problem
Immer mehr Studenten haben in der Universität Schwierigkeiten beim Rechnen. Dozenten und Professoren sehen Ursache in der Mittelstufe.
Krefeld. Die Qualität des Schulunterrichts im deutschen Bildungssystem, vor allem in Mathe, wird immer häufiger von Professoren und Lehrkräften deutscher Universitäten und Hochschulen beklagt. Sogar an grundlegenden Kenntnissen aus der Mittelstufe, wie etwa Bruchrechnung, binomische Formeln oder einfache Umformungen, fehle es den Studenten. Vor Ort in Krefeld gibt es dazu ganz unterschiedliche Meinungen. Und jede Menge Einflüsse im Alltag.
Der Krefelder Felix Gerdts, BWL-Student an der IBA-Bochum, einer staatlich anerkannten privaten Berufsakademie, hat selbst keine Probleme, den mathematischen Anforderungen seines Studiums zu genügen. Allerdings hat er den Eindruck, seinen Kommilitonen gehe es teilweise anders. Dies sei jedoch „individuellen Faktoren geschuldet“, wie den Lehrern in der Schule, dem Unterrichtsablauf, aber vor allem den verschiedenen Schulformen. Jedoch würden auch weitere subjektive Aspekte, wie die Aufnahmebereitschaft, Eigeninitiative und Selbstständigkeit der Studenten eine große Rolle spielen.
In seiner bisherigen Zeit als Student glaubt er, bemerkt zu haben, dass zum Beispiel, Fachabiturienten „ganz andere Vorkenntnisse“ aufgrund ihrer anderen Vorbereitungen und Schwerpunkte aufweisen. Die Dozenten versuchten zwar, „sehr weit vorne bei Mittelstufenstoff anzuknüpfen“. Doch reiche einerseits die Zeit nicht, um die Kenntnisse aufzufrischen, andererseits sei das Studium auch nicht dazu da, Stoff der Klassen 7 bis 12/13 zu wiederholen.
Auch Florian te Kamp bemerkt bei seinem International-Marketing-Studium an der Fontys Universität in Venlo, dass die deutschen Studenten unterschiedliche Vorkenntnisse aufweisen. Dies läge vor allem daran, dass einige in der Vergangenheit bereits Ausbildungen abgeschlossen haben. Allerdings hat er nicht das Gefühl, von der Schule schlecht vorbereitet worden zu sein. Im Gegenteil, seiner Meinung nach wurden die grundlegenden „für das Studium relevanten Themen in der Schule unterrichtet und teilweise sogar im Abitur abgefragt“.
Was der Einzelne davon ins Studium mitnehme, sagt Florian, das hänge von jedem Schüler und Studenten ab. Er merke aber auch, dass er während des Studiums konstant am Ball bleiben müsse. Ansonsten verliere man „schnell den Anschluss, wenn man sich darauf ausruht, dass es punktuell klappt“.
Die Mathematiklehrerin Caroline Krüger-Sprengel und ihr Kollege Ralf Juntermanns sind unterschiedlicher Meinung. Der Lehrer an der Marienschule ist der Auffassung, dass das Land die Hochschulen über die Lehrpläne der Schulen ausreichend informieren muss, damit ein „möglichst lückenloser Übergang von Schule“ erfolgen kann. Ob sich Universitäten und Hochschulen dann auch tatsächlich danach richten, ist die Frage.
Caroline Krüger Sprengel, Mathelehrerin der Montessori-Gesamtschule
Für Caroline Krüger-Sprengel, Mathematiklehrerin an der Montessori-Gesamtschule, besteht das Problem vielmehr darin, dass die Mathematik an Universität und Hochschule „einfach abstrakter“ sei als in der Schule. Im Schulunterricht sei nicht genügend Zeit zum Üben, die Aufgaben würden mit nach Hause gegeben, so Krüger-Sprengel. Aber ein zunehmender Anteil von Jugendlichen bekomme diese zuhause nicht umgesetzt.
Hinzu kommt, dass das den Lehrern vorgegebene Curriculum, also die Lehrpläne, mittlerweile deutlich ausgedünnt sei. Dennoch ist die Pädagogin der Auffassung, dass ein angehender Student den Sprung von Schule zu Universität oder Hochschule schaffen kann, wenn er die nötige Eigeninitiative und Aufnahmebereitschaft aufbringt.
Jedoch bestehe genau darin das Problem. Die Lehrer forderten die Selbstständigkeit der Schüler, doch die Schüler nähmen die Möglichkeit des selbstständigen Lernens oftmals nicht genügend an, so Krüger-Sprengel. Dahinter sieht sie ein methodisches Problem und mangelnde Motivation. Mathematik sei eben die „größte Hürde“ für Schüler und Studenten.
Der Pressesprecher der Hochschule Niederrhein, Christian Sonntag, ist ihrer Meinung. Mathe sei auch an der Hochschule Niederrhein ein bekanntes Problem. Für 80 Prozent aller angebotenen Studiengänge werde es benötigt. Doch sei es immer öfter der Grund für einen Abbruch des Studiums. Aus diesem Grund gibt es nun schon seit vier Jahren freiwillige Mathematikangleichungskurse an seiner Hochschule. Ein Semester lang dauert der begleitende Kurs, an dessen Ende die Studenten einen abschließenden Test schreiben. Bei diesem verbessern sich die Studenten um durchschnittlich 25 Prozent. Es gibt auch einen Online-Mathe-Brückenkurs, der die Studenten während des gesamten Studiums begleitet und permanent fithalten soll.