Arbeitsmarkt Stadt schafft Stellen für Arbeitslose
Krefeld · Bis zu 50 Langzeiterwerbslose sollen mit staatlicher Hilfe eingestellt werden. Auch Firmen können sich beteiligen.
Für Hans-Peter Sokoll, Leiter des Arbeitslosenzentrums (ALZ), hat Krefeld „fast Ruhrgebietsverhältnisse“, wenn man auf die Zahl der Langzeiterwerbslosen schaut: Mehr als 21 000 Frauen und Männer beziehen in der ehemaligen Hochburg der Textilindustrie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Davon sind 48 Prozent länger als vier Jahre arbeitslos, so Sokoll – und viele davon seien von diesem Zustand „zermürbt“. Um diese Zielgruppe geht es beim neuen „Teilhabechancengesetz“, das am 1. Januar in Kraft treten soll. Es soll Langzeiterwerbslose mit staatlicher Unterstützung dauerhaft zurück in Lohn und Brot bringen. Krefeld will davon profitieren – und die Stadtverwaltung möchte dabei mit gutem Beispiel voran gehen.
Hans-Peter Sokoll und der zuständige Beigeordnete Markus Schön stellten jetzt vor, wie Krefeld den sozialen Arbeitsmarkt gestalten kann. Laut Schön sind in Krefeld 4500 bis 5000 Menschen die Zielgruppe des Gesetzes. Sie müssen mindestens sieben Jahre arbeitslos sein und sechs Jahre Förderung nach SGB II erhalten. Erfüllen sie diese Kriterien, können sie von der Förderung profitieren.
Wie sieht die Förderung aus?
Fünf Jahre lang finanziert die Bundesagentur für Arbeit eine neu geschaffene Stelle. In den ersten beiden Jahren zu 100 Prozent, im dritten Jahr zu 90, im vierten zu 80 und im letzten Jahr zu 70 Prozent. Finanziert und gezahlt werden keine Mindest-, sondern Tariflöhne.
Was bedeutet das für Krefeld?
„208 Stellen können vom Jobcenter geschaffen werden“, so Markus Schön. Die Stadtverwaltung will davon zwischen 30 und 50 übernehmen. Der Rest soll auf die freie Wirtschaft und die Wohlfahrtspflege entfallen. Ziel ist es laut Schön, bereits zum 1. Januar je zehn Stellen bei der Stadt, in Unternehmen und in der Wohlfahrtspflege zur Verfügung zu stellen.
Welche Art von Stellen will die Verwaltung zur Verfügung stellen?
Wie der Beigeordnete ausführt, sei es zum Beispiel möglich, im Fachbereich Schulen Menschen einzustellen, die Hausmeister unterstützten. Ebenso Hilfskräfte für Kindertagesstätten – mit dem langfristigen Ziel, ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen, zum Beispiel als Erzieher/-in. Auch beim Kommunalbetrieb wäre es machbar, etwa in der Grünflächenpflege neue Leute einzustellen. Dies alles ist laut Schön „nicht zu eine Chance für die Betroffenen, sondern auch für die Stadt“, die wie viele Unternehmen unter dem Fachkräftemangel leide.
Werden die neu eingestellten Frauen und Männer unterstützt?
Viele Langzeitarbeitslose müssen fit gemacht werden, um dauerhaft zurück ins Berufsleben kehren zu können. Um etwa Dinge wie Pünktlichkeit neu zu lernen, ist deshalb ein umfassendes Coaching eingeplant. Dieses muss ausgeschrieben werden, die Krefelder VHS werde sich daran beteiligen, kündigt Markus Schön an. Die Stadt will zusätzlich berufsbegleitende Qualifizierungen anbieten.
Beteiligen sich schon Unternehmen an der Initiative?
Bisher können Schön und Sokoll nicht von Firmen berichten, die Stellen zur Verfügung gestellt haben. Die Industrie- und Handelskammer habe signalisiert, dafür Unternehmen gewinnen zu können. Auch in den Aktionsplan „Wirtschaft für Krefeld“ soll das Konzept eingebracht werden. Die Schaffung neuer Stellen sei für die Firmen mit einem überschaubaren Risiko verbunden, betont der Beigeordnet. Er wirbt dafür, dass sich möglichst bald Unternehmen beim Jobcenter melden sollten, die Stellen anbieten möchten.
Welche Kosten kommen
auf die Firmen zu?
Am Beispiel der Stadtverwaltung ist ersichtlich, dass die Kosten relativ gering sind, die die Stadt Krefeld selbst für eine Stelle decken muss. Der Eigenanteil liegt demnach pro Stelle bei knapp 17 000 Euro – eine zweiprozentige Tariferhöhung ist dabei schon berücksichtigt.
Werner Fleuren (ALZ) hebt besonders die tarifliche Entlohnung hervor, die den Menschen einen positiven Schub bringen werde. Das Ganze könne aber nur ein Anfang sein. Gerhard Milbert (KAB) hat die Hoffnung, dass hier ein „kleiner Leuchtturm“ entsteht.
Eine Gesamtstrategie könnte auch mit Hilfe eines „Krefelder Konsens“ entstehen. Eine entsprechende Fachtagung zur Gestaltung des sozialen Arbeitsmarktes fand im November statt (siehe Kasten). SPD, FDP und Grüne haben beantragt, daraus eine dauerhafte Einrichtung zu machen. „Ich persönlich finde diese Idee gut“, sagt Schön. Über den Antrag und die konkrete Ausgestaltung bei der Krefelder Stadtverwaltung wird am heutigen Dienstag der zuständige Fachausschuss befinden.