Mies-Modell: Eine verrückte Idee wird Wirklichkeit

500 Besucher sind bei der Eröffnung.

Krefeld. „Die Frau ist verrückt.“ Das sei sein erster Gedanke gewesen, als ihn Christiane Lange im November 2011 angerufen habe. Sie fragte den Architekten Wolfgang Melchert, ob sein Büro DGM sie bei der Ausführung eines Modells im Maßstab 1:1 nach einem Plan von Ludwig Mies van der Rohe unterstützen wolle. Das berichtete Melchert bei der gestrigen Eröffnung auf dem zugigen Egelsberg. Trotz des Wetters kamen gestern laut Veranstalter 500 Besucher.

Das Auto muss man fern ab parken, dann folgen 15 Minuten Fußweg. Zum Schluss stapft man einen lehmigen und pfützenübersäten Weg den Hügel hinauf. Im Westen schiebt sich die Holz-Stahl-Konstruktion als mächtiger Riegel mit Nord-Süd-Ausrichtung in den Blick.

Aus dem Riegel wächst gen Osten ein längliches Vordach dem Besucher entgegen, es zieht in die Konstruktion hinein. Tritt man durch das wie improvisiert wirkende Gebäude hindurch, öffnet sich der Riegel auf der Westseite in weiter Front dem Freien, der Natur — ein Aha-Erlebnis, auch wenn dort, wo einst ein Golfplatz war, nur Getreidehalme im Wind wanken.

Ein Clubhaus für den damaligen Golfclub auf dem Egelsberg sollte es werden, was Star-Architekt Mies vor 83 Jahren entworfen hat. Dann kam die Weltwirtschaftskrise, und es fehlte das Geld zum Bau. In der heutigen Krise sind 840 000 Euro aufzutreiben, um die Idee zu rekonstruieren.

Kuratorin Lange hielt die Eröffnungsrede und skizzierte, was dieses Modell sein soll: Erinnerung an die fruchtbare Beziehung von Mies ausgerechnet zu Krefeld, Reminiszenz an die letzte Zeit des Architekten in Europa vor seiner Emigration in die USA: „Es wäre das wichtigste Gebäude seiner Krefelder Zeit geworden.“ Schließlich sei das Modell als Architekturobjekt ein Zwitterwesen aus Kunst und Architektur, eine Annäherung an Mies van der Rohe.

Die Bausumme ist zu einem Teil durch die Kulturstiftung der hiesigen Sparkasse und die Kulturstiftung des Bundes finanziert worden. Ein großer Teil wurde auch — und das bis hin zu sechsstelligen Beträgen — von privaten Spendern beigetragen.

Die private Herkunft der Mittel, so Oberbürgermeister Gregor Kathstede in seiner Rede, erspare einem in diesen Zeiten des Sparens, das Projekt „mit Kindergartenplätzen aufzurechnen“.

Der künstlerisch leitende Architekt, der Belgier Paul Robbrecht, dankte noch einmal Christiane Lange und nannte sie eine „wahrhafte Kulturaktivistin“. Da brandete — nicht zum ersten Mal an diesem Vormittag — viel Applaus in den Sperrholzwänden auf.