Meinung Mietminderung für Pinguine ist gut und richtig
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In dieser Woche haben vier Themen die Krefelder Nachrichtenlage dominiert. Die Entführung des Säuglings aus dem Helios-Klinikum, der Rat und der erneute Streit um die Kommunalbetriebe, die Attacken Gerald Wageners auf Planungsdezernent Martin Linne und - natürlich - der neue Vertrag zwischen der Seidenweberhaus GmbH und den Krefeld Pinguinen, dessen Boss ganz nebenbei gerade andere Probleme hat. Alle haben eines gemeinsam: Sie bedürfen einer Einordnung ohne Herzklopfen und Polit-Folklore.
Das fällt vielen bei Martin Linne schwer. Linne gibt nicht den zugänglichen Kumpeltyp, der für jeden die Tür aufmacht. Aber er ist eben ein Typ und daher neben der dokumentierten Fachlichkeit gut fürs Profil der Stadtverwaltung. Die wird zu oft als knochentrockenes, fremdes Konstrukt wahrgenommen. Bei Linne ist das anders. Er polarisiert in der Krefelder Bevölkerung auf eine Art und Weise, die schon befremdet. Schließlich ist der Mann Planungsdezernent, kein Popstar. Trotzdem sind sie sich zum Beispiel im Laientribunal Facebook einig, dass Linne arrogant sein muss. Ohne ihn je persönlich getroffen zu haben.
Angefeuert von Informationen darüber, auf welchem Brillenbügel er während Sitzungen kaut. Oder von Attacken des Investors Gerald Wagener, der Linne Parteilichkeit vorwirft und mit Klage droht. Weit bevor freilich die Aufsichtsbehörde die Chance hat zu entscheiden, ob Wageners Vorwürfe Substanz haben oder schlicht zur Taktik des gewieften Geschäftsmannes gehören.
Längst haben auch einige Krefelder Kommunalpolitiker Facebook entdeckt, um Politik zu machen. Das ist legitim, aber selten zielführend.
Wie schnell in Krefeld Urteile gefällt werden, weiß der neue Jugendamtsleiter Markus Schön spätestens, seit er das Rückgrat bewies, im WZ-Interview Rede und Antwort zu stehen zum Fall des entführten Babys. Die Prügel auf Facebook meisterte er souverän.
Was nicht bedeutet, dass jede Debatte, bei der sich Menschen in einem Raum befinden, gehaltvoller wäre. So in der Ratssitzung. Der Vorwurf mangelnder Transparenz, den der künftige Verwaltungsrat der Kommunalbetriebe bringen werde, ist hanebüchen, ja, schon ein wenig scheinheilig. In diesem Aufsichtsgremium sitzen dieselben Menschen, die auch Mitglieder des Rates sind. Dass der Rat, und damit die Bürger, weder Einfluss noch Zugriff auf die Entscheidungen bei den Kommunalbetrieben haben, ist damit faktisch falsch. In keinem anderen Ausschuss oder Gremium der Stadt, öffentlich oder nicht-öffentlich, sitzen Politiker, die — mit ihrer Fraktion — unabgestimmt votieren.
Der CDU-Fraktionschef sagte in Richtung der Zweifler „Veränderung braucht Mut“. Damit hat er recht.
Wie übrigens diejenigen, die im Aufsichtsrat der Seidenweberhaus GmbH entschieden haben, dass die Pinguine künftig 157 000 Euro weniger Miete zahlen müssen. Eishockey ist ein Aushängeschild dieser Stadt, die gut beraten ist, im angemessenen Rahmen dabei mitzuhelfen, dass der Standort Krefeld nicht vor die Hunde geht. Auch der KFC spielt für ein Wurstbrot in der Grotenburg, gut so. Der Zoo bekommt 2018 2,05 Millionen Euro, das Theater 13,31 Millionen. Ebenfalls gut so.
Zu einer lebenswerten Stadt gehört weit mehr als eine funktionierende Müllabfuhr.