Kunst Mit Kohle zeichnen im Bahnhofstunnel
Studenten der Freien Akademie Rhein/Ruhr zeigen ihre Werke ab Sonntag an der Saumstraße.
Zeigen, welches Potenzial in künstlerischem Schaffen steckt — das wollen die Studierenden der Freien Akademie Rhein/Ruhr zusammen mit dem Werkhaus in einem Ausstellungsprojekt, das am Sonntag, 27. Mai, Eröffnung im Südbahnhof feiert. „Von einem Hinterhof in Krefeld“ ist der Titel, unter dem die zehn Studierenden ab Sonntag im Südbahnhof ihre Zeichnungen, Fotografien, Malereien und Drucke präsentieren werden.
Im Mittelpunkt der Werkschau soll der Einblick in die persönliche Entwicklung der Künstler stehen. „Die Prozesse, die die Studierenden während ihrer Ausbildung bei uns durchleben, brauchen Zeit und Raum“, sagt Akademieleiter Veit-Johannes Stratmann. Dieser künstlerischen Individualität soll im Südbahnhof nun eine Plattform gegeben werden.
„Meine Hoffnung ist es, dass die Gesellschaft nach und nach erkennt, wie sie das Potenzial der Kunst für sich nutzbar machen kann.“
Anja Jansen, Werkhaus
Besonders spannend empfinden die Verantwortlichen sowie die Studierenden dabei den Austausch mit den Besuchern. Kunst sei eben nicht nur etwas für ganz wenige. Jeder sei angehalten, zu schaffen und zu bilden und eben auch zu schauen. Berührungsängste seien da fehl am Platz. Denn die Kunst brauche auch immer das Auge, den Betrachter. Den erwartet in der Ausstellung viel Abwechslung: realistische sowie abstrakte Arbeiten werden ebenso zu sehen sein wie minimalistische Werke.
Die Aussteller sind in diesem Fall keine klassischen Kunst-Studierenden. Sie absolvieren das Studium, die sogenannte Werksausbildung, an der Freien Akademie Rhein/Ruhr nebenher, in Teilzeit. Viele wollten oder konnten aus verschiedenen Gründen nie eine staatliche Kunstakademie besuchen und wollen auch jetzt die Kunst nicht zu ihrem Hauptberuf machen. „Die Freie Akademie ist eine tolle Möglichkeit, die Lust an der Kunst so zu integrieren, wie es für das eigene Leben stimmig ist. Eine gute Antwort auf die Frage, wie die Kunst ins eigene Leben passt“, sagt ein Student.
In der Ausbildung konzentriert man sich stark auf Weiterentwicklung und darauf, die eigenen Arbeiten zu hinterfragen. „Die Lust, Neues zu schaffen, wird da immer größer, und es kommt auch eine gewisse Ernsthaftigkeit dazu. Zum Beispiel auch die Verantwortung für eine eigene Ausstellung. Da muss ich jetzt auch mit leben und mich dem aussetzen, dass jetzt jeder hier meine Bilder sehen kann.“ Auch Elke Lüdke profitiert von der Arbeit an der Freien Akademie Rhein/Ruhr.
Die 59-Jährige ist seit 2006 dabei. Ihr Interesse an der Kunst hat sich erst im Erwachsenenalter manifestiert. Da machte sie ihren ersten Zeichenkurs. „Eine staatliche Ausbildung war damals nie ein Thema für mich. Umso mehr nutze ich heute die Chance, tiefer in die Materie einzutauchen“, sagt sie.
Die Aussteller wollen auch dazu motivieren, selber kreativ zu werden. „Meine Hoffnung ist es, dass die Gesellschaft nach und nach erkennt, wie sie das Potenzial der Kunst für sich nutzbar machen kann“, so Anja Jansen vom Werkhaus.
Beide Institutionen teilen das Selbstverständnis vom ganzheitlichen Ansatz der Kulturvermittlung. Keine falsche Scheu vor der Kunst lautet die Devise. Und: Jeder kann Kreatives schaffen. Auch deshalb laden sie zur Eröffnung am Sonntag ab 15 Uhr zu einer besonderen Aktion namens „Kohle im Tunnel“ ein.
Petra Fröning, die als Dozentin an der Freien Akademie tätig ist, wird zusammen mit Studierenden die Besucher im Tunnel des Südbahnhofs zum Zeichnen mit Kohle erwarten. Die großformatigen Werke sollen danach ebenfalls ausgestellt werden.