Mit neuer Energie ins Ehrenamt

Nach zwei Jahren Pause engagiert sich die ehemalige Leiterin des Frauenhauses, Ursula Erens, im Vorstand des SkF.

Krefeld. Ursula Erens brauchte eine Weile Abstand zum Sozialdienst katholischer Frauen. Nach 20 Jahren beim SkF hat die Leiterin des Frauenhauses 2010 im Alter von 60 Jahren aufgehört zu arbeiten. Um Zeit für sich, ihre Träume — und für ihre Familie zu haben. „Solange ich noch fit genug dazu bin.“ Schon damals hätte die Vorstandsvorsitzende Ulla Dietz die engagierte Sozialpädagogin gerne an ihrer Seite gesehen. Doch es dauerte noch zwei Jahre, bis Ursula Erens sozusagen die Seiten wechselte.

Der Schritt ins Ehrenamt ist für sie trotz jahrzehntelanger praktischer Arbeit eine Herausforderung gewesen: „Statt wie früher ,nur’ für das Frauenhaus zuständig zu sein, steht jetzt der Blick für das Ganze im Vordergrund.“ Von den Beratungsangeboten Rat & Hilfe und der Fachberatungsstelle „Häusliche Gewalt“ über die stationären Einrichtungen wie das Mädchenwohnheim St. Irmgardis oder das Frauenhaus, die ambulanten Dienste, die Betreuung im Offenen Ganztag bis hin zu Projekten für junge Mütter.

„Wenn wir im Vorstand über die Arbeit in den zahlreichen Bereichen sprechen, kann ich viele Erfahrungen mit einbringen“, sagt sie ohne eine Spur von Überheblichkeit. Ihre Sicht ist gefragt. Auch ihre über Jahre gewachsenen Kontakte sind nützlich. „In Krefeld existiert ein gutes Netzwerk, das schon vielen Frauen in Not direkt und unkompliziert geholfen hat.“ Deshalb hofft sie, dass die Stadt die Zuschüsse nicht weiter streicht und das Netz nicht reißt.

Als Leiterin des Frauenhauses hat sie viel Leid gesehen: Brutalität in der Ehe, Gewalt gegen Kinder, Obdachlosigkeit, Sucht, der Verlust der Existenz — die Liste der Schicksale ist lang. Stark in Erinnerung geblieben ist ihr die Geschichte einer 18-jährigen Muslimin, die sich vor der Zwangsheirat mit einem ihr unbekannten Mann ins Frauenhaus Krefeld rettete. Ihr Bruder hatte ihr mit dem Tode gedroht, wenn sie Schande über die Familie bringen würde. Zweifel daran gab es nicht. „Das war ein ganz heftiger Fall.“

Dass sie selber — früh verwitwet und alleinerziehend — an solchen Tagen abends wieder weitgehend unbelastet in ihre eigene Familie zurückkehren konnte, verdankt sie nach eigenen Worten regelmäßiger Supervision und dem guten Team beim SkF. „Dadurch lernt man, Dinge anders zu sehen. Und man kann vieles aufarbeiten.“

Gewalt in der Familie hat viele Facetten. Mehr geworden ist sie im Laufe der Jahre ihrer Meinung nach nicht. Dennoch ist sie bis heute froh über die gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Die komme bei einem Anruf aus dem Frauenhaus sofort und gewähre den Schutz der Bewohnerinnen, wenn aufgebrachte Familienangehörige unerwartet vor der Tür stünden. Dass das selten passiert, liege daran, dass die Adresse geheim gehalten wird.

Nach dem Tod ihrer kranken Mutter im vergangenen Jahr hatte Ursula Erens den Kopf frei. Sie überlegte sich noch einmal das Angebot von Ulla Dietz — und klopfte nach den aufmunternden Worten ihres Sohnes beim SkF an. Nach einer längeren Phase der Hospitanz wurde sie im vergangenen Herbst in den Vorstand gewählt.

Seither arbeitet sie bis zu sechs Stunden in der Woche ehrenamtlich. Schwerpunktmäßig hat sich die 63-Jährige inzwischen für den Bereich Betreuung Offener Ganztag in Schulen entschieden. „Mir macht die Verbandsarbeit richtig Spaß“, erzählt sie lebendig wie eh und je. Und es bleibe noch genügend Zeit für Familie, Enkelkind, Freunde — und ihre Träume.

Den ersten hat sich Ursula Erens im vergangenen Sommer erfüllt. Zwei Monate lang fuhr sie alleine mit dem Fahrrad von Pamplona den Jakobsweg entlang. „Das war eine Herausforderung, bei der ich an meine Grenzen gekommen bin“, gibt sie zu. Doch nicht das Ankommen war ihr Ziel, sondern der Weg. Dazu gehört auch ihr ehrenamtliches Engagement beim SkF.