Mordfall Beate S.: Befreundetes Ehepaar gab den Auftrag
Krefeld. Der Raubmord an der 75-jährigen Krefelderin Beate S. ist aufgeklärt. Die Rentnerin fiel vermutlich einem Auftragsmord zum Opfer, der Raubmord war vorgetäuscht.
Drei Verdächtige sitzen in Haft, wie die Polizei am Montag mitteilte. Die Rentnerin war am 16. März in ihrer Wohnung erwürgt worden. Weil Schmuck und Bargeld fehlten, gingen die Ermittler zunächst von einem Raubmord aus. Bei der Suche nach den Tätern hatte die Polizei einen Massengentest angesetzt.
1500 Männer zwischen 20 und 25 Jahren gaben Speichelproben ab, die mit am Tatort gefundener DNA abgeglichen wurden. Den Tätern seien die Fahnder allerdings mit anderen Ermittlungen auf die Spur gekommen, heißt es in der Mitteilung der Polizei.
"Ermittlungen laufen nicht immer gradlinig, man muss flexibel sein und immer in alle Richtungen ermitteln, so führte uns hier Plan B zur Klärung", teilte Gerd Hoppmann, Leiter der Mordkommission mit.
Das goldfarbene Motorolahandy des Opfers war nach dem Mord entwendet worden und wurde von der Polizei überwacht. Sechs Wochen nach der Tat ergaben sich kurzfristige Hinweise auf Benutzung, welche die Ermittler auf die Spur der Täter führte. "Wir wollen die Öffentlichkeit nicht an unserer Ermittlungstechnik- und Taktik teilhaben lassen, daher werden keine Einzelheiten hierzu bekannt gegeben," teilte der Leiter der Mordkommission mit.
Letztlich führten die Ermittlungen zu einer Gruppe von Bulgaren, die sich seit einigen Monaten im Raum Mönchengladbach aufhielten. Diese waren in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg im Rotlichtmilieu tätig. Ermittlungen erfolgten mit Unterstützung der dortigen Behörden.
Mehrere Personen wohnten an der Neusser Straße in Mönchengladbach in einem Mehrfamilienhaus mit bulgarischen Frauen zusammen, die dort auch der Prostitution nachgingen.
Die Ermittler fanden heraus, dass das Haus einem 43-Jährigen aus dem Kreis Heinsberg stammenden Mann gehörte. Der Heinsberger, der in einer renommierten Firma als Computerfachmann arbeitet, hatte als Administrator auch die Webseiten für das Bordell gefertigt.
Er ist mit einer 40-jährigen Frau verheiratet, bei dem Ehepaar handelt es sich um enge Freunde des Opfers Beate S.. Der 43-Jährige hatte die Leiche am 17.03.2011 gefunden.
Die Ehefrau, die als beste Freundin des Opfers geschildert wurde und wie eine Tochter für Beate S. war, wurde von dieser als Alleinerbin eingesetzt. Das Ehepaar hatte sich bei den Ermittlungen und zahlreichen Vernehmungen als eine biedere, bürgerliche Familie dargestellt, so die Polizei.
Zeugen aus dem Umfeld hatten das herzliche und fürsorgliche Verhältnis der Eheleute zum Opfer bestätigt. Auf Anfrage hatte das Ehepaar selbst die Belohnung für eine Aufklärung der Tat um 2000 Euro erhöht. Nachdem das Opfer verwitwet war und allein lebte, hatte sie vor zwei Jahren im Internet einen Mann kennen gelernt.
Der Mann starb Anfang 2010, die enge freundschaftliche Verbindung zu dessen Familie blieb. Tochter dieses Mannes ist die Alleinerbin.
"Ein mögliches Motiv zur Tötung lag daher auf der Hand", erklärte die Polizei am Montag. In wochenlangen verdeckten Ermittlungen der Mordkommission seien die Verhältnisse zwischen den Bulgaren im Prostitutionsmilieu und den Eheleuten, insbesondere dem 43-jährigen aufgeklärt worden.
Der Informatiker aus normalen bürgerlich unauffälligen Verhältnissen, der nie vorher mit Kriminalität zu tun hatte, schien sich in diesem Milieu wohl zu fühlen. Es hätten sich eindeutige Verdachtsmomente dafür ergeben, dass der "Ritschi" genannte Chef der Bulgaren von dem 43-jährigen mit der Tötung der Frau S. beauftragt wurde.
"Die akribischen Ermittlungen waren sehr aufwändig und aufreibend, aber auch höchst spannend für uns",sagte Gerd Hoppmann. "Ich halte überhaupt nichts davon, wenn die Kriminalpolizei Einzelheiten ihrer taktischen Mittel und Möglichkeiten in den Medien verbreitet. Wir wollen schließlich auch in Zukunft noch erfolgreich Morde aufklären. Daher werden wir zu unserem taktischen Vorgehen keine Angaben machen."
Nachdem die erlangten Beweise ausreichend erschienen seien, sei die Ehefrau in ihrem Einfamilienwohnhaus im Kreis Heinsberg und der Ehemann an seiner Arbeitsstelle in Willich festgenommen worden.
Sie hätte immer noch geglaubt, die Polizei suche nach zwei jungen Räubern und seien bei ihrer Festnahme sehr überrascht gewesen. Nachdem sie die Tat zunächst abstritten, legten sie letztlich in den Vernehmung bei der Mordkommission Geständnisse ab.
Die Ehefrau gestand, dass ihr Mann sie gefragt habe, was sie davon halte, wenn Beate S. tot wäre. Dann würde man in Geld baden. Als diese dann tot aufgefunden wurde, habe sie sofort gewusst, dass ihr Mann dies veranlasst hatte. Sie war als Bevollmächtigte und Alleinerbin eingesetzt, wickelte die Bestattung ab und trat das Erbe an. Anfang Mai bestellt Sie sich einen Ring "Brilliantengel" im Wert von 16.700 Euro.
Der 43-jährige gestand letztlich, den Auftrag zum Mord erteilt zu haben. Er hatte sein Mehrfamilienhaus an bulgarische Zuhälter vermietet und pflegte einen engen Kontakt mit ihnen und einer Prostituierten.
Den "Ritschi" genannten 29-jährigen Chef der Bulgaren, hatte er mit der Tötung beauftragt und ihm die Wohnung des Opfers in Krefeld gezeigt. Den Tatzeitpunkt habe er angeblich nicht genau gewusst. Für die Tötung hatte er in drei Raten 23.000 Euro bezahlt.
Seiner Ehefrau sagte er, dass er 25.000 Euro habe bezahlen müssen, um die verbleibenden 2000 Euro für sich behalten zu können. Seine Frau, die ihr Vermögen verwaltete, hatte ihm das Geld für die Raten gegeben. Für eine der Raten hatte er einen Firmenkredit in Höhe von 15.000 Euro aufgenommen, ein weiterer Teil wurde vom Sterbegeld des Opfers bezahlt, der Rest von Erspartem.
Die Eheleute bezeichnen sich auch ohne das Erbe eher als reich denn als arm. Neben dem Mehrfamilienhaus besitzen sie ein schuldenfreies Einfamilienhaus und der 43-Jährige hatte ein sehr gutes monatliches Einkommen.
Auf Antrag der Staatsanwältin Anna Stelmaszyzck wurde gegen beide Eheleute Haftbefehl wegen Mordes aus Habgier erlassen. Sie wurden am 28. Mai in Untersuchungshaft genommen.
Das Jugendamt wurde beauftragt, sich um den 12 Jahre alten Sohn zu kümmern und diesen unterzubringen. Beate S. sei für ihn wie eine Oma gewesen und der Junge ihr Liebling, der oft bei ihr gewesen war, erklärte die Polizei.
"In diesem Fall gibt es zwei Opfer, Frau S. und den 12-jährigen Jungen, dessen Eltern wir festnehmen mussten. Zum Schutz seiner Person werden von uns keine weiteren Angaben zu Namen oder dem Wohnort gemacht", teilte Gerd Hoppmann mit.
Am frühen Sonntagmorgen, 29. Mai, erfolgte ein Großeinsatz der Mordkommission zur Durchsuchung und Festnahme am Wohnobjekt Neusser Straße in Mönchengladbach.
Das von Beamten einer Einsatzhundertschaft abgesperrte Objekt wurde durch Beamte des SEK gestürmt. Es wurden vier Männer vorläufig festgenommen, zwei Frauen wurden als Zeuginnen vernommen. Bei der Durchsuchung wurde Munition, jedoch keine Waffen gefunden.
Als wesentliches Beweismittel konnte das goldfarbene Motorola Klapphandy gefunden werden, welches am 16. März am Tatort entwendet wurde sowie eine größere Menge Bargeld.
Der 29-jährige Hristo I., genannt Ritschi, befand sich bei den Festgenommenen. Er verweigerte jegliche Aussage. Eine weitere Durchsuchung und Vernehmungen erfolgten am Sonntagnachmittag durch Beamte der Krefelder Mordkommission in einem Bordell in Bad Kreuznach.
Auch im DNA-Labor des Landeskriminalamtes wurde eine Sonntagsschicht eingelegt. An der Leiche waren DNA-Spuren gefunden worden, die einen sicheren Nachweis der Täterschaft ermöglichen, die gleiche Spur fand sich an leeren Schmuckschatullen.
Noch am Sonntagabend bestätigte das Labor, dass es sich bei dem Spurenleger um den 29-jährigen Hristo I. handelt. Auch ohne seine Aussage ist der sichere Nachweis möglich, dass er Beate S. erwürgte und den Schmuck entwendete. Bei den vier Festgenommenen befand sich auch ein 20-jähriger Cousin des Hristo I.
Dieser gab in seiner Vernehmung an, gemeinsam mit einem weiteren Bulgaren den Hristo I. in der Tatnacht zum Tatort gefahren zu haben. Angeblich wussten beide nicht, was Hristo I. vorhatte. Er hatte seinen Cousin gebeten zum Haus des Opfers zu gehen und in die Wohnung zu schauen. Der 20-jährige hatte Frau S. in ihrer Wohnung am PC sitzen sehen.
Er berichtete dies dem Hristo I., der daraufhin alleine zur Wohnung ging. Als er zurückkam, hatte er den von ihm mitgeführten Rucksack mit Beute gefüllt. Er hatte die Schmuckkassette mit vielen Ringen, Ketten Uhren etc. den anderen gezeigt, als sie nach Mönchengladbach zurück gefahren waren. Den Schmuck verkaufte er im Ausland.
Der Cousin ging davon aus, dass die Frau nur beraubt wurde. Dass diese getötet wurde, wollte er erst in seiner Vernehmung erfahren haben. Er wurde am Montag auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zum Raub dem Haftrichter vorgeführt. Der dritte Mann war nur Fahrer gewesen, der an den Tathandlungen nicht beteiligt war.
Nach Erkenntnissen der Mordkommission befindet er sich derzeit im südlichen Ausland. Durch die zuständige Staatsanwältin Anna Stelmaszyzck wurde gegen den Hristo I. Haftbefehl wegen Mordes beantragt, er wurde am heutigen Tage dem Haftrichter vorgeführt und in Untersuchungshaft genommen.