Ein Bebauungsplan von 1966 macht Krefeldern Sorgen Naturschützer bangen um alte Bäume
Krefeld · Es gibt Themen, die werden die Corona-Krise problemlos überdauern. Sie lassen sich nicht einfach zur Seite legen. Das wird nicht erst durch den Klimawandel deutlich. Umweltschützer finden immer noch ein paar Sünden in der Vergangenheit und Gegenwart, sie warnen vor einer Wiederholung in der Zukunft.
Die Tonlage unter ihnen ist laut, die Verärgerung groß. „Es herrschen in der Politik und Verwaltung Arroganz und Unwissenheit“, sagt zum Beispiel Uwe Wolniewiez von der Bürgeraktion Baumschutz, die seit Jahren schon städtebauliche Maßnahmen kritisiert und die Baumfällungen vehement ablehnt. Er arbeitet eigentlich für die Stadt Köln im Amt für Landschaftspflege und Grünflächen. Mit seinen Mitstreitern hat er zu einer Diskussion an die Ecke Uerdinger Straße/Dürerstraße geladen.
Ein alter Bebauungsplan aus dem Jahr 1966 macht ihnen Sorgen. Es geht dabei um eine Verbreiterung der Uerdinger Straße samt „Abrundung des vorhandenen Baubestandes“, also um eine mögliche Umgestaltung rund um das Gerling-Hochhaus. Mehrere alte Bäume müssten dafür weichen, so die Aktivisten. An der Rechtskraft des Bebauungsplans von 1966 aber gebe es erhebliche Bedenken, so die Stadt.
Laut Verwaltung gibt es jedoch eine Idee für eine Kita an der Dürerstraße gegenüber, wo heute eine Freifläche mit mehreren alten Bäumen liegt. „Es gibt dazu aber noch keine Planung. Wir versuchen aktuell im Rahmen einer Machbarkeitsstudie eine Idee zu entwickeln, die sowohl den Baumschutz als auch dem Denkmalschutz gerecht wird“, sagt Stadtsprecher Dirk Senger.
Es gab bereits Proteste
gegen den Bebauungsplan
Für das Grundstück des Gerling-Hochhauses an der Uerdinger Straße liegt der Verwaltung ein Bauantrag für ein Mehrfamilien-Wohnhaus mit Tiefgarage vor. „Eine Baugenehmigung aber steht noch aus“, so Senger. Die Lösung der Entwässerung ist noch nicht genehmigt. „Die Baumschutzsatzung ist dem Baurecht gegenüber nachrangig, wenn sich das Bauvorhaben in den Bestand einfügt.“
Wolniewiez ist verärgert: „Der Klimawandel ist in Krefeld noch nicht angekommen“, sagt er, und weiter: „Man holzt hier ab wie im Amazonasgebiet.“ Schon in den vergangenen Jahren hatte es Proteste gegen einen Bebauungsplan für die Dürerstraße gegeben. Nördlich der Freifläche, auf der nun die Kita angedacht ist, sollten Wohnhäuser entstehen. Die Anwohner stellten sich quer. Auch sie befürchteten den Verlust des alten Baumbestandes. Dieser sei wie eine grüne Lunge für das Viertel in Cracau.
„Junge Bäume vertrocknen ohne Wasser“, sagt Uwe Wolniewiez: „Ein Baum braucht fünf bis sieben Jahre, bis er sich an eine neue Situation gewöhnt hat.“ Michael Müller, Sprecher der Ortsgruppe des Nabu, pflichtet ihm bei: „Der Biotopverbund ist wichtig. Krefeld meint ja, man brauche kein Bio-Diversitätskonzept.“
Auch Bernd-Dieter Kraft von der Bürgeraktion Baumschutz sagt: „Hier stehen 100-jährige Bäume. Wir müssen auf die klimatischen Veränderungen eingehen, uns im Verzicht üben. Wir wollen das Bestehende behalten, nicht alles zubauen.“ Kraft fordert, die alten Pläne an das Hier und Jetzt der Gegenwart anzupassen, bevor der Bau irgendwann losgehe: „Wir nehmen uns selbst die Zukunft.“ Auch Mark Borgwardt von den Grünen ist zur Diskussionsrunde erschienen. Er findet, die Politik müsse nachsteuern. „Darüber müssen wir ernsthaft diskutieren. Wir haben hier erhaltenswerten Baumbestand.“ An der Stelle Uerdinger-/Dürerstraße kann er sich keinen Zubau vorstellen: „Den Baumbestand müssen wir unbedingt erhalten. Es ist ein Lebensraum für Vögel, Eichhörnchen und Fledermäuse.“