Politik spielerisch erforschen
Was passiert bei einer Bundestagswahl? Das soll auf der Planspielbörse im Südbahnhof am Samstag, 28. April, geklärt werden.
Süd. Der Mann aus Afghanistan würde die Partei wählen, die eine Frau als Kanzlerin stellt. Der andere kommt aus Syrien und würde denjenigen seine Stimme geben, die Gewerkschaften unterstützen. Wieder ein anderer ist nah bei den Grünen. Die meisten Flüchtlinge, die beim Planspiel des Werkhauses zum Thema Bundestag mitmachen, sind politisch interessiert. „Wir werden es schaffen, an einem Tag eine Regierung auf die Beine zu stellen“, sagt Projektleiterin Anja Jansen und lacht. „Sonst kümmern wir uns im Werkhaus zwar um kulturelle Themen, doch jetzt wird es politisch. Spielerisch wird der Prozess von der Parteiengründung bis zur Zusammensetzung des Bundestages vollzogen.“
Der aus Afghanistan geflüchtete Pädagoge Ahmad Siar Latifi und Marie Lücker, Studierende der Politikwissenschaft, sind die Initiatoren der Veranstalter. Sie achten darauf, dass es sowohl ernst als auch humorvoll und spielerisch zugeht, dass aber auf jeden Fall das Grundgesetz eingehalten wird. „Wir beginnen mit der Aufstellung der Spitzenkandidaten, dem Parteiprogramm. Dann geht es weiter von der Urnenwahl bis zu abschließenden Koalitionsverhandlungen für eine Regierungsbildung“, sagt Lücker. Und alles an einem Tag. „Wir haben bei einer Probe schon festgestellt, dass alles auch mehrsprachig funktioniert.“
Im Planspiel wird politisch Wissenswertes an die Flüchtlinge und an deutsche Teilnehmer vermittelt. Schon jetzt hängen Plakate mit Beispielen für neue Parteien an der Wand. Da gibt es beispielsweise die „Freiheitspartei“ (FP), die für eine Änderung des Asylrechtes steht und eine Erleichterung der legalen Einwanderung. Die „Noch eine Partei“ (NEP) will sich für eine Beschleunigung der Prüfung von Asylanträgen und eine Steigerung des Mindestlohnes einsetzen.
Der Krefelder Comic-Künstler Jari Banas wird den Hobby-Politikern bei der Gestaltung zur Seite stehen. Firas Sheikh Mohamad, Bauingenieur aus Syrien, will die Kandidaten fotografieren und übersetzen. „Ich verfolge die deutsche Politik, habe gesehen, dass Deutschland vier Monate ohne Regierung war, dann aber ein Kompromiss gefunden wurde. Hier gibt es politische Vielfalt.“
Andere Mitglieder der Projektgruppe werden die Teilnehmer empfangen, bewirten oder ganz einfach helfen. Raman Atei aus Syrien erklärt: „Ich bin auf jeden Fall dabei.“