Krefeld Prozess um Rentner-Mord: Emotionen kochen vor Gericht über
Alle fünf Angeklagten schweigen zu den Mord-Vorwürfen gegenüber Hans Werner L. Sie haben laut Staatsanwältin den Tod des 79-Jährigen billigend in Kauf genommen.
Krefeld. Überwältigt, geknebelt und dem Tod überlassen — die Details der Anklageschrift offenbaren ein unvorstellbares Maß an Brutalität und Hinterhältigkeit. Zu viel für den Stiefsohn des getöteten 79-Jährigen — die Emotionen kochen hoch. Im Flur vor dem Gerichtssaal am Dienstagmorgen gerieten er und die Angehörigen eines der mutmaßlichen Täter aneinander. Die vier Männer und eine Frau, alle im Alter von 27 bis 53 Jahren, hätten seinen Stiefvater getötet. Einige Anwälte gingen dazwischen und trennten die Parteien.
Viele Zuschauer und mehrere Kamerateams waren zum Beginn gekommen. Die Angeklagten verbargen ihre Gesichter hinter Aktenordnern, als sie den Gerichtssaal betraten. Der Prozess vor dem Schwurgericht unter dem Vorsitz der Richterin Ellen Roidl-Hock war allerdings schnell wieder vorbei. Keiner der fünf Angeklagten wollte etwas zu den Vorwürfen sagen. Einen schauderhaften Einblick in die Ereignisse vom 26. Oktober 2016 in der Wohnung von Hans Werner L. an der Drießendorfer Straße bot aber bereits die Anklage. Die wurde von Staatsanwältin Anna Stelmaszczyk zu Beginn der Verhandlung verlesen.
Danach sollen sich Jerzy S. (40) aus Solingen, die Krefelder Iwona G. (53), Przemyslaw F. (35), Johann S. (27) und der Bochumer Mariusz F. (42) die Wohnung ihres mutmaßlichen Opfers bewusst ausgesucht haben, weil sie dort reiche Beute vermuteten. Der jüngste Angeklagte gab sich als Lieferant aus und klingelte bei dem L.. Als dieser die Tür öffnete, sollen die anderen Angeklagten ihn überwältigt haben.
Sie fesselten ihn mit Panzerklebeband und steckten ihm einen Putzlappen tief in den Mund. Auch seinen Kopf und seinen Mund umwickelten sie danach mit Klebeband. Sie ließen nur die Nasenlöcher frei. So geknebelt sperrten sie den Rentner in das Badezimmer und durchsuchten derweil das Haus. Der alte Mann erstickte qualvoll. Damit hätten die Angeklagten gerechnet und es auch billigend in Kauf genommen, heißt es. Denn sie haben die Wertgegenstände im Haus „um jeden Preis“ an sich bringen wollen.
Als die Angeklagten den Tod bemerkten, sollen sie geflohen sein. Bis Mitte Januar waren sie auf der Flucht. Dann klickten die Handschellen. Sieben Verteidiger stehen den fünf Angeklagten derzeit zur Seite. Schon jetzt ist klar, dass es noch mehr werden. Wegen der vielen Termine des Prozesses, der derzeit bis Oktober gehen soll, verteidigen die meisten Anwälte zu zweit, so dass immer mindestens einer beim Prozess anwesend sein wird.
Gegen die beiden Angeklagten Johann S. und Jerzy S. wird außerdem wegen eines Einbruchs Ende September 2016 verhandelt. Mit einem dritten Komplizen sollen sie ein auf Kipp stehendes Fenster an einem Einfamilienhaus in Krefeld aufgehebelt haben und so aus dem Inneren des Hauses Schmuck und Uhren im Wert von rund 20 000 Euro entwendet haben.