Schmallenberg-Virus: „Wir haben Angst vor jeder Mücke“
Milchviehhalter fürchten das neue Virus. Im Untersuchungsamt Rhein-Ruhr-Wupper in Krefeld werden die toten Lämmer und Kälber untersucht.
Krefeld. Wenn es um den Ehec-Errerger geht, die Blauzungenkrankheit oder das Schmallenberg-Virus, dann kämpfen die Mitarbeiter des Chemischen und Veterinär-Untersuchungsamtes Rhein-Ruhr-Wupper in Krefeld in vorderster Reihe.
Rund 200 Lämmer und 20 Kälber wurden in der Pathologie der Landesbehörde an der Alten Gladbacher Straße in den vergangenen drei Monaten untersucht. „Bei etwa der Hälfte der Lämmer und bei einem Kalb haben wir das Schmallenberg-Virus nachgewiesen. Das ist ziemlich viel“, sagt Dr. Barbara Heun-Münch. „Es besteht jedoch keine Zoonose, das heißt, das Virus wird nicht auf den Menschen übertragen, ist für ihn vollkommen ungefährlich.“
Der Schaden für die Landwirte ist jedoch vorhanden und die kranken Tiere verenden zu sehen, ist nicht schön. „Sie werden missgebildet geboren, haben Schäden an Kopf, Hals oder Gliedmaßen. Sie sind unfähig zu leben, weil sie Hirnschäden aufweisen. Oder die Tiere kommen sofort tot auf die Welt“, berichtet die Leiterin des Geschäftsbereiches Tiergesundheit. „Wenn die Mutterschafe jedoch die Geburt überlebt haben, bilden sie Antikörper und bringen nachfolgend gesunde Tiere zur Welt.“
Die Bauern müssen sich zurzeit in ihr Schicksal ergeben. „Wir warten, bis es vorübergeht, sind aber sehr betroffen“, sagt Kreislandwirt Paul-Christian Küskens, der auch Vorsitzender der Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen ist. „Oft versuchen die Ärzte, den Tieren mit Kaiserschnitten zu helfen. Die Bauern päppeln dann die schwachen Tiere auf. Wenn alle Versuche misslingen, ist das sehr traurig. Die Bauern bringen die verstorbenen Tiere ins Krefelder Untersuchungsamt, um die Krankheitsursache feststellen zu lassen.“ Die Schafzüchter könnten nur Lämmer verkaufen. Für sie sei es ein Totalausfall“, erklärt der Fachmann.
Christian Küskens selbst ist Milchviehhalter. „Wir hoffen, dass das Virus an uns vorübergeht, dass wir glimpflich davonkommen. Doch alle Wiederkäuer können sich das Virus einfangen, wenn sie von einer infizierten Mücke gestochen werden“, sagt Küskens. „Wir haben Angst vor jeder Mücke.“
Es ist ein vollkommen neues Virus, das es zu finden gab. Es wurde nach dem Ort Schmallenberg im Hochsauerland benannt. Von dort stammt die erste Probe. „Wir hatten zwar vorher schon eine aus Hünxe, haben aber die andere zuerst bearbeitet“, erklärt Heun-Münch. „Das Friedrich-Loeffler-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, hat den neuartigen Erreger Ende des vergangenen Jahres erstmalig identifiziert.“
Heun-Münch relativiert: Das Schmallenberg-Virus soll durch verschiedene Mückenarten übertragen werden. Es verursacht meist nur fiebrige Erkrankungen, Durchfall oder Milchrückgang. Im Falle einer Trächtigkeit kommt es jedoch über die Placenta zum Übertritt auf den Fötus. Heun-Münch: „Es kommt aus Richtung Holland zu uns herüber.“
Jetzt warten die Experten auf die nächste Generation der Lämmer, um zu sehen, ob die Krankheit wieder auftaucht und wenn ja, in welchem Maß. Die jetzige Geburtsphase der Lämmer geht ihrem Ende entgegen.