Schön verspricht Herz, Hirn und Leidenschaft für Krefeld
Der frisch gebackene Chef des großen Zukunftsdezernats stellt sich exklusiv den kritischen Fragen der WZ.
Das sogenannte Zukunftsdezernat gilt als Schlüsselbereich, mit dem bisherigen Jugendamtsleiter Markus Schön hat die Politik jetzt den Mann gefunden, der es richten soll. Doch die FDP zweifelt lautstark an der Qualifikation des Sozialdemokraten und will von einem Deal zwischen SPD und CDU wissen. Letztere soll sich mit der Zustimmung für Schön das SPD-Ja zur Verlängerung der Verträge von Kämmerer und Stadtdirektorin (beide auf CDU-Ticket) gesichert haben.
In der Tat laufen alle Dezernentenverträge aus. Der von Ulrich Cyprian zum 28. Februar 2019, der von Planer Martin Linne zum 31. Oktober 2019, der von Thomas Visser zum 31. Dezember 2019 und der von Beate Zielke zum 31. August 2020. Im Interview mit der WZ stellt sich Markus Schön kritischen Fragen zu seiner Eignung und seinen Plänen.
Herr Schön, Sie verantworten ab sofort ein Riesendezernat mit mehr als 1400 Mitarbeitern, die Hälfte der Kernverwaltung. Respekt?
Markus Schön: Respekt und Achtung vor diesem Amt: eindeutig, ja. Angst vor der Aufgabe: eindeutig nein, denn Angst ist in der öffentlichen Verwaltung immer ein schlechter Ratgeber. Vielmehr verspüre ich die große Motivation und Lust, gemeinsam mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Herz, Hirn und Leidenschaft an den vielen wichtigen Themen des Dezernats engagiert zu arbeiten — zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt Krefeld.
Warum ist es sinnvoll, die zentralen Perspektivthemen wie Migration, Jugend oder Bildung im sogenannten Zukunftsdezernat zusammenzufassen?
Schön: Weil die Themen ganz eng miteinander verwoben sind: So wird die Integration von Menschen mit Fluchthintergrund auf dem Arbeits-markt ohne entsprechend auf die Zielgruppe abgestimmte Bildungsangebote nicht gelingen. Den Kampf gegen Kinderarmut werden wir nicht gewinnen, wenn wir umgekehrt dabei nicht auch die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Blick nehmen oder Angebote von Schule und Jugendhilfe besser und passgenauer miteinander verzahnen, etwa am Übergang von der Kita in die Grundschule. Nicht zu vergessen, die Notwendigkeit einer zeitgemäßen, digitalen Ausstattung unserer Schulen und eine noch engere Verzahnung von Schule, Jugendhilfe und Arbeitsverwaltung in der Jugendberufsagentur, um gerade auch den Übergang junger Menschen in Ausbildung und Beruf noch besser hinzukriegen.
Nun ist Krefeld nicht München, aber auch die hiesige Politik ist mitunter schwierig. Die FDP traut Ihnen den Job hochoffiziell nicht zu. Sie seien ja nur kommissarischer Leiter des Münchener Jugendamtes gewesen. Haben Sie es nicht drauf?
Markus Schön: Zunächst einmal freut es mich, dass mich neben der SPD und CDU auch die Grünen und die Linken gewählt haben. Das ist ein großartiger Vertrauensvorschuss, dem ich mich in meiner Arbeit auch verpflichtet fühle. Im Übrigen — das zeigt gerade auch die jüngere Vergangenheit meiner Partei in Bund und Land — sind Zustimmungswerte in Personalfragen von 100 Prozent nicht immer ein gutes Omen. Erlauben Sie mir noch ein Wort zu München: In den Gesprächen mit den Fraktionen, die ich in der letzten Zeit geführt habe, wurde deutlich, dass meine Münchner Erfahrung und Perspektive als wertvoll und inspirierend für meine Tätigkeit empfunden wird. Ein enger fachlicher Austausch, der berühmte Blick über den Tellerrand, ist für beide Städte gewinnbringend, insbesondere zu Themen wie Wohnen oder integrierte Stadtentwicklung. Insofern möchte ich mit meinen beiden Münchner Kolleginnen, der Schul- und Sportdezernentin Beatrix Zurek sowie der Sozialdezernentin Dorothee Schiwy, die ich beide seit vielen Jahren aus der Münchner Kommunalpolitik kenne, einen regelmäßigen fachpolitischen Austausch pflegen.
Die Liberalen behaupten auch, Sie seien als Sozialdemokrat überhaupt nur auf den Posten gerutscht, weil die SPD im Gegenzug Ihre Kollegen Cyprian und Zielke auf CDU-Ticket durchwinken wird. Sind Sie Figur eines Kuhhandels?
Schön: Ach wissen Sie, die Themen, die wir im Dezernat zu bearbeiten haben, sind so vielschichtig, herausfordernd und wichtig für das Gemeinwohl unserer Stadt, dass ich für derlei Spekulationen wirklich keinen Gedanken aufbringen kann und möchte.
Welche Weichen müssen Sie jetzt stellen?
Schön: Zunächst einmal möchte ich die einzelnen Fachbereiche des Dezernats durch effektive Gremienarbeit enger zueinander bringen, um die oben beschriebene Verwobenheit der Themen auch organisatorisch abzubilden. Ganz wichtig sind regelmäßige Geschäftsbereichskonferenzen mit den Fachbereichsleitungen und der VHS-Leitung. Ferner möchte ich ein Planungs- und Strategiegremium einrichten, um die entsprechenden Koordinatorinnen und Koordinatoren, die es in allen Fachbereichen des Dezernats gibt, so zusammenzubringen, dass Planung und strategische Überlegungen im Dezernat miteinander und nicht nebeneinander erfolgen. Darüber hinaus werde ich in der ersten Zeit viele Gespräche mit den Mitarbeitenden der Dienststellen des Dezernats führen, die ich noch nicht so gut kenne. Denn die wichtigste Weichenstellung schlechthin ist doch, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen.
Welche Fähigkeiten muss Ihr Nachfolger als Jugendamtsleiter haben?
Schön: Nachfolger oder auch Nachfolgerin! Wichtig ist eine umfassende fachliche Expertise in den vielfältigen Themen der Kinder- und Jugendhilfe. Diese Themen sollte sie oder er auch mit Leidenschaft voranbringen wollen. Und ganz wichtig: Führungserfahrung und ein offener, wertschätzender und transparenter Umgang mit den Mitarbeitenden dieses nach wie vor größten Fachbereichs der Stadtverwal-tung.
Wie wird aus einem waschechten Bayer ein passabler Niederrheiner?
Schön: Ich glaube, dass ich mich in meinem ersten Jahr in Krefeld — trotz oder wegen meiner bayerischen Herkunft — als integrationswillig und -fähig gezeigt habe. Viele liebe Menschen, die ich in Krefeld kennenlernen durfte, haben mir das aber auch ziemlich leicht gemacht. Ich fühle mich einfach sauwohl hier: Krefeld ist mir eine zweite Heimat geworden. In meinem Herzen bleibe ich jedoch immer ein Bayer, aber Integration heißt ja gerade nicht, seine Wurzeln ad acta zu legen. Und wenn womöglich 1860 München und der KFC Uerdingen in der kommenden Saison in der 3. Liga aufeinander treffen würden, dann weiß ich jetzt schon, für welchen Verein mein Herz schlägt: für den KFC!
Zieht Ihre Familie nun nach ins schöne Krefeld?
Schön: Wir erwägen das für Sommer 2019. Es gilt dabei, Fristen für die Versetzung meiner Frau als Grundschullehrerin zu beachten, ebenso die Schullaufbahn unserer beiden Kinder zu berücksichtigen. Und zu allererst war es ja auch wichtig, dass ich hier in Krefeld gut ankomme, was ich zweifelsohne als gelungen bezeichne.
Was schätzen Sie besonders an Ihrer Wahlheimat?
Schön: Ich schätze an Krefeld die vielen lieben Menschen, die ich bislang kennengelernt habe. Es stimmt mich schon sehr emotional, wenn ich bedenke, dass ich hier einige wirklich sehr intensive Freundschaften eingehen durfte. Zudem finde ich im Rathaus ein sehr wertschätzendes Arbeitsumfeld vor, ohne das ich so ein Amt auch gar nicht angestrebt hätte. Darüber hinaus fasziniert mich das viele Grün in der Stadt und die vielen schönen Viertel und Winkel, die man bei genauerem Hinsehen entdeckt und natürlich der Stadtwald inklusive seines wunderschönen Biergartens. Im Übrigen werden wir den Stadtwald in den nächsten Monaten mit einem der schönsten Spielplätze Deutschlands ausstatten und da verspreche ich nicht zu viel.