Krefeld Selbst ist der Mann - „Prepper“ und das Warten auf die Katastrophe

Notvorräte anlegen? Damit hat Bastian Blum schon vor Jahren begonnen. Er hat sich akribisch auf den Katastrophenfall vorbereitet. Im Zweifel vertraut er nicht auf die offiziellen Hilfskanäle, sondern auf sich selbst. „Prepper“ wie ihn gibt es einige.

Bastian Blum nimmt den Katastrophenschutz lieber selbst in die Hand. Der 37-Jährige ist für den Ernstfall gerüstet.

Foto: Henning Kaiser

Krefeld. Bastian Blum nimmt den Katastrophenschutz lieber selbst in die Hand. Der 37-Jährige ist für den Ernstfall gerüstet. Wenn ein großer Sturm über Deutschland hinwegfegen sollte, wenn durch einen Anschlag oder einen schweren Störfall in einem Chemie-Werk der Notstand eintritt, über Tage der Strom ausfällt, keine Lebensmittel mehr aufzutreiben sind oder was auch immer - der Mann aus Krefeld ist auf - so ziemlich - alles vorbereitet.

In seinem Keller stapeln sich auf ein paar Quadratmetern bis zur Decke Dinge, die Blum, seiner Frau und seinem kleinen Sohn im Fall der Fälle das Überleben sichern sollen. Decken, Gasmasken, Schutzhelme, Gummistiefel, Schutzanzüge, Werkzeuge, Gaskocher, Kerzen, Kopfschmerztabletten, Verbandszeug, Taschenlampen und ganz viel Essen: Haferflocken, Müsli, Mehl, Milchpulver, Zucker, Nudeln, Tütensuppen, Gemüsekonserven, Dosenfleisch, Instant-Kartoffelpüree. Vorräte, um fünf bis sechs Wochen zu überstehen.

Auch der Rest der Bevölkerung sollte nach dem Willen der Bundesregierung Notvorräte anlegen. So steht es im neuen Konzept für den Katastrophenfall, den das Kabinett an diesem Mittwoch verabschieden will. Oppositionspolitiker spotten über den Aufruf zu „Hamsterkäufen“ und sprechen von „Panikmache“.

Blum wundert sich ein wenig über die Debatte. Er hat schon vor ein paar Jahren angefangen, seinen Keller zu einer Krisen-Vorratskammer umzufunktionieren. Menschen, die sich wie er für den Katastrophenfall wappnen, nennen sich „Prepper“. Abgeleitet vom Englischen „to be prepared“ - „bereit sein“ also, allzeit bereit.

Blum „preppt“ seit 2008, baute 2013 erst eine „Facebook“-Seite auf, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen - und später die Gruppe „Prepper Gemeinschaft Deutschland“. Es gibt auch noch andere Foren dieser Art. Gesicherte Zahlen dazu, wieviele „Prepper“ es bundesweit gibt, existieren nicht. Blum schätzt, dass es Zehntausende sind.

Er kommt nicht gerade verängstigt daher, sondern eher solide. Jeans, kariertes Hemd, kurzer Bart. Blum arbeitet für eine Baufirma und kümmert sich dort um die Sicherheit von Gebäuden. Der Familienvater hat eine Ausbildung als Rettungssanitäter, hilft in der Freizeit bei der freiwilligen Feuerwehr, war in den vergangenen Jahren bei verschiedenen Hilfsorganisationen aktiv - Rotes Kreuz, Malteser, Technisches Hilfswerk - und gab auch Katastrophenschutztrainings.

Blum hatte also schon einigen Einblick in Sachen Katastrophenschutz. Und so wenig Vertrauen? „Das heißt nicht, dass die Strukturen des Katastrophenschutzes schwach sind“, sagt er. Aber es dauere nun mal, bis die offizielle Hilfe anlaufe. „Diese Zeit muss jeder Mensch überbrücken und sich selbst helfen können.“

Ein richtiger „Prepper“ lege nicht nur Vorräte an, sagt Blum. Viele machten auch Survival-(Überlebens-) oder Erste-Hilfe-Kurse, beschäftigten sich mit Pflanzenkunde, Wasseraufbereitung, Feuermachen und solchen Dingen. Die Bewegung kommt ursprünglich aus den USA, wo es häufig Hurrikane, Blizzards und Tornados gibt. „In Amerika wird das 'Preppen' aber immer verbunden mit Waffen und Verschwörungstheorien ohne Ende“, sagt Blum. Damit will er nichts zu tun haben.

Er wirkt eher ruhig, unaufgeregt, eigentlich nicht wie einer, der von Weltuntergangsszenarien getrieben ist. Aber er geht nun mal gerne auf Nummer sicher. Vorbereitet zu sein, mache das Leben einfach entspannter, sagt Blum. Er hat sich gleich doppelt abgesichert. Neben seinem vollgestopften Keller im Krefelder Mehrfamilienhaus hat er noch ein „Zweitdepot“ gemeinsam mit Freunden, wo er Vorräte und allerlei Überlebenswichtiges lagert. In der Nähe von Moers. „Den genauen Ort verrate ich nicht.“ Warum noch ein Lager? Nun ja, erklärt Blum. Es könne ja sein, dass er nicht nach Hause könne, dass die Gegend abgeriegelt oder das Haus geräumt werde.

Hat er etwa auch noch ein eigenen Bunker? Nein, sagt Blum, so etwas habe er nicht. „Aber ich habe Zugang zu verschiedenen Bunkern.“ Klar.

Immer wenn neue Nachrichten von Anschlägen oder politischen Spannungen durch die Welt gehen, nehmen bei Blum die Anfragen von verunsicherten Menschen zu, die sich für alles Mögliche wappnen wollen. „Dann müssen wir die Leute auf den Boden der Tatsachen zurückholen.“ Schließlich sei es eher realistisch, dass ein Sturm oder ein Stromausfall für Probleme sorge, als dass ein verheerender Anschlag das Land lahmlege oder fremde Militärs einmarschierten.

Ja, es gebe durchaus Leute, die „Prepper“ für Spinner hielten, sagt Blum. Nicht jeder gebe sich deswegen öffentlich zu erkennen. „Die Leute in meinem Umfeld halten mich nicht mehr für einen Spinner. Die betreiben inzwischen selbst Vorsorge.“ Und überhaupt, sagt Blum: „Es ist mir piepegal, was man von mir hält. Ich weiß, was ich tue.“